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Alte Wunden, neue Unruhen im Kosovo

Klaus Dahmann24. März 2004

"Humanitäre Intervention" - so bezeichnete die NATO die Luftangriffe auf Serbien, die am 24. März 1999 begannen und Präsident Milosevic in die Knie zwingen sollten. Fünf Jahre später herrschen im Kosovo neue Unruhen.

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Kosovo - nicht 1999, sondern im März 2004Bild: AP
Bill Clinton im East Room des Weißen Hauses
Ex-US-Präsident Bill Clinton im East Room des Weißen Hauses in Washington D.C. (Archiv)Bild: AP

Der amerikanische Präsident Bill Clinton verkündete am 24. März 1999, dass im Kosovo-Konflikt die diplomatischen Mittel erschöpft seien: "Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten und ihrer NATO-Partner haben mit Luftangriffen auf Militär-Ziele in Ex-Jugoslawien begonnen."

Kosovo, 10 Jahre zuvor: Slobodan Milosevic hatte die Autonomie der südserbischen Provinz abgeschafft, die Kosovo-Albaner begannen, eine Art Untergrund-Staat aufzubauen. Eigenmächtig organisierten sie Parlaments-Wahlen und ein Referendum, bei dem 99 Prozent für die Unabhängigkeit des Kosovo stimmten. Während der Kriege in Kroatien und Bosnien herrschte jedoch gespannte Ruhe in und um Prishtina.

Sturm bricht los

Es war die Ruhe vor dem Sturm: 1996 machte die selbsternannte kosovarische Befreiungs-Armee UCK erstmals Schlagzeilen mit Anschlägen auf serbische Polizei-Stationen. Zwei Jahre später brachen offene Kämpfe aus. Die internationale Balkan-Kontaktgruppe versuchte zu vermitteln, die Vereinten Nationen erließen Resolutionen. Doch all das konnte die Spirale der Gewalt nicht stoppen. Ebenso wenig die OSZE-Beobachter, die in die Unruhe-Provinz entsandt wurden. Die Gefechte gingen weiter. Tausende kosovarische Zivilisten waren auf der Flucht und berichteten von so genannten ethnischen Säuberungen und Massakern.

Die letzte Hoffnung: eine Konferenz mit serbischen und kosovarischen Vertretern im Februar 1999 im französischen Rambouillet. Doch die Konferenz endete ergebnislos, auch die Gespräche im Anschluss in Paris. Slobodan Milosevic war zu keinem Kompromiss bereit, der die Kämpfe beendet und dem Kosovo mehr Autonomie eingeräumt hätte.

Lesen Sie im folgenden, wie es die NATO geschafft hat, Milosevic zum Einlenken zu bewegen.

Erster Kampfeinsatz für Bundeswehr

Am 24. März 1999 starteten schließlich die ersten NATO-Bomber zu Luftangriffen auf Ziele in Jugoslawien. Aktiv an den Bombardierungen waren auch deutsche Kampfflugzeuge vom Typ Tornado beteiligt; damit begannen die ersten Kampfeinsatz in der Geschichte der Bundeswehr. Dies galt umso mehr als Tabu-Bruch, weil die NATO ohne ausdrückliches Mandat der Vereinten Nationen agierte. Der Druck von der Basis der Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Grüne und aus der Bevölkerung war Bundeskanzler Gerhard Schröder anzumerken, als er den Beginn der Angriffe verkündete: "Wir führen keinen Krieg. Aber wir sind aufgerufen, eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen."

Belgrad setzte eine massenhafte Vertreibung von Kosovo-Albanern in Gang. Die Flüchtlings-Ströme in Richtung Albanien und Mazedonien schwollen auf Hunderttausende von Menschen an.

Einiges ging daneben

NATO-Strategen hofften weiter, dass es eine kurze Militär-Operation würde: Zwei, drei Wochen Bombardement - dann würde Milosevic schon einlenken, wie zuvor in Bosnien. Doch Milosevic spielte auf Zeit: Er hoffte seinerseits, dass die Regierungen der NATO-Länder, je länger der Krieg dauerte, irgendwann wegen des wachsenden Protests in den NATO-Ländern aufgeben müssten.

Doch die NATO-Angriffe gingen weiter - trotz verheerender Fehlschläge: Eine Bombe traf einen albanischen Flüchtlings-Konvoi, eine andere zerstörte die chinesische Botschaft in Belgrad. Im NATO-Jargon wurden die versehentliche Tötung von Zivilisten und Zerstörung von Gebäuden verharmlosend als "Kollateralschäden" bezeichnet. Den Militärs gingen die Ziele aus, zahlreiche Gebäude wurden mehrfach unter Beschuss genommen.

Ende Mai kamen aus Belgrad erste Zeichen, dass Milosevic zum Einlenken bereit sei. Am 10. Juni war es dann soweit: Nach fast 80 Tagen mit mehr als 37.000 Bomber-Einsätzen verkündete NATO-Generalsekretär Javier Solana: "Vor wenigen Minuten habe ich General Wesley Clark angewiesen, die Luftangriffe auf Jugoslawien einzustellen."

Neue Gewalt

KFOR Soldaten im Kosovo
U.S Soldaten der KFOR-Truppen an einer Straße zwischen Kosovos Hauptstadt Pristina und Mitrovica (19.3.2004)Bild: AP

Fast fünf Jahre später ist die mühsam erarbeitete Ruhe in der von den Vereinten Nationen und der NATO kontrollierten serbischen Provinz Kosovo erneut bedroht. Bei Angriffen von Angehörigen der albanischen Volksgruppe auf serbische Dörfer und Kirchen wurden im März 2004 Menschen 28 getötet und knapp 900 verletzt. Die Angreifer brannten serbische Kirchen nieder und beschädigten mehrere hundert Häuser. Um die Lage unter Kontrolle zu bringen, verstärkte die Nato die Kfor-Schutztruppe. Auch Deutschland schickte 600 zusätzliche Soldaten in den Kosovo.

Auslöser der Gewalt war der Tod von drei albanischen Jungen. Sie ertranken in einem Fluss bei Mitrovica, wofür die albanische Mehrheit der Stadt die serbische Minderheit verantwortlich machte.