Alltag in der Krise
Die Zukunft des "Arabischen Frühlings" entscheidet sich nicht nur in Ägypten. Auch in Tunesien kämpfen islamistische Regierung und säkulare Opposition um die Macht. Die Bevölkerung hat unter den Folgen zu leiden.
Magerer Verdienst
Kaktusfeigen verkaufen – für eine ganze Reihe von Menschen in Tunis ist das die einzige Beschäftigung. Der magere Verdienst reicht ihnen gerade so zum Überleben. Dass Tunesien in einer tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise steckt, spüren die Verkäufer in den Straßen der Hauptstadt besonders stark.
Alltag ohne Arbeit
Viele Menschen verbringen den Tag auf der Straße oder im Café. Denn die Arbeitslosigkeit in Tunesien ist hoch. Daran hat sich seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Ben Ali nichts geändert. Die Hoffnung vieler Tunesier, dass sich die wirtschaftliche Situation nach der "Jasminrevolution" verbessern würde, hat sich nicht erfüllt. Viele machen die Regierungspartei Ennahda dafür verantwortlich.
Abendlicher Treffpunkt
Alle Wege führen zum Bardo-Platz – zumindest für die Gegner der tunesischen Regierung. Abend für Abend versammeln sie sich dort und fordern den Rücktritt der politischen Führung. Seit dem Mord an dem Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi Ende Juli hat sich die Kluft zwischen den Anhängern der Regierung und den Oppositionellen noch vergrößert.
Lautstarker Protest
"Die Regierung muss zurücktreten" rufen die Demonstranten. Sie werfen der größten Regierungspartei Ennahda unter anderem vor, nicht entschieden genug gegen die radikalen Islamisten vorzugehen. Die werden hinter dem Mord an Brahmi vermutet. Viele Tunesier glauben aber, dass die islamistische Ennahda mitverantwortlich ist.
Boykott im Parlament
Auch sie haben genug von Ennahda: Etwa ein Drittel der Abgeordneten der Verfassunggebenden Versammlung boykottiert das Gremium. Präsident Mustapha Ben Jaafar hat die Arbeit der Verfassunggebenden Versammlung, die gleichzeitig als Parlament fungiert, vorübergehend unterbrochen. Der Demokratisierungprozess in Tunesien liegt damit auf Eis.
Politische Sackgasse
Anders als Ägypten ist Tunesien nicht von Gewalt, sondern von politischem Stillstand geprägt. Regierung und Opposition stehen sich unversöhnlich gegenüber. Das Land hat mit enormen Problemen zu kämpfen: Weit verbreitete Armut und Terrorismus gehören dazu.
Wenige Gäste
Vor der Touristen-Information herrscht gähnende Leere. Die Mitarbeiter sagen zwar, dass sich die Situation in den vergangenen Monaten etwas verbessert habe. Aber die Branche leidet stark unter den Unruhen im Land: Immer noch bleiben viele Touristen fern.
Beliebte Hauptstadt
Dabei hat Tunesien den Touristen einiges zu bieten. Die Hauptstadt etabliert sich allmählich auch als Tagungsort für internationale Konferenzen. Doch Attentate wie das auf Mohamed Brahmi oder den Oppositionsführer Chokri Belaid im Februar haben immer wieder zu Buchungsrückgängen und Stornierungen geführt.
Gespannte Stille
Obwohl die Proteste gegen die Regierung anhalten, geht es auf den Straßen von Tunis eher ruhig zu. Viele Tunesier beobachten die Gewalt-Eskalation in Ägypten mit Sorge. Sie hoffen, dass die Krise im eigenen Land friedlich gelöst wird - auch wenn kaum einer sagen kann, wie das geschehen soll.
Das Ende der Toleranz
Für seine religiöse Toleranz war das arabische Land lange Zeit berühmt. Doch seit dem Sturz von Machthaber Ben Ali nehmen Angriffe auf Minderheiten zu. Besonders die kleine jüdische Gemeinde in der Hauptstadt wurde mehrfach von Islamisten bedroht. Die Folge: Zahlreiche Juden verlassen ihre Heimat.
Hoffen auf Kompromiss
Das Land, in dem der "arabische Frühling" seinen Anfang nahm, ist von einer Demokratie noch weit entfernt. Doch schon vor dem politischen Umsturz im Januar 2011 galt Tunesien als vergleichsweise fortschrittlich. Ein großer Teil der Bevölkerung hofft, dass das Land sich weiter öffnet - und nicht im politischen Chaos versinkt.