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Alles im grünen Bereich

Michael Maldacker18. März 2004

St. Patrick's Day ist für Iren der Höhepunkt ihres Festkalenders. Im Alltag der Amerikaner ist der Tag ebenfalls von großer Bedeutung: In den USA leben weit mehr Irischstämmige als in Irland.

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Der 17. März ist der Todestag des Heiligen Patricks. Da er Irland das Christentum gebracht hat, haben sich die Iren den Tag zum Nationalfeiertag erkoren. Gedenken hin oder her - in den USA steht das Spektakel im Vordergrund. Während man in Irland den Feiertag traditionell ruhig im Kreise der Familie feiert und in die Kirche geht, verbinden Irischstämmige diesseits des Atlantiks den Paddy's Day vor allem mit Party, Fun und Glamour. Besonders spektakulär feiern die Menschen im Nordosten der Vereinigten Staaten, dort, wo die meisten aus Irland stammenden Amerikaner leben.

In Chicago und New York sowie in den großen Städten der Neuenglandstaaten ziehen riesige Paraden durch die menschenumsäumten Straßen. Der größte Marsch des Landes stieg auch in diesem Jahr wieder in New York. 150.000 Menschen aus aller Welt ließen sich von klirrender Kälte und Schneefall nicht vom Feiern abhalten. Gegen die Minusgrade half ja der Alkohol und das Tanzen zu aufheizenden Dudelsackrhythmen.

Paddy's Day ist Party's Day

Durch die größeren Ausmaße der Feierlichkeiten sind es nicht mehr nur die Iren, die sich selbst zelebrieren. Der moderne Paddy's Day will integrieren statt ausgrenzen. Alle, die feiern wollen, können ihren Spaß haben. Nicht nur im Meer der Partyjünger dominiert aber stets die Farbe der Iren: Ansonsten dunkles Bier, das Lieblingsgetränk der Iren, fließt an diesem Tag eingefärbt durch die Kehlen: grün. Auch der durch Chicago fließende Chicago River bewegt sich ausnahmsweise nicht braun-trübe.

Er wird mit 20 Kilo Lebensmittelfarbe für rund zehn Stunden eingefärbt. Man glaubt es kaum: grün! Die Bilder dieses eindrucksvollen Schauspiels gehen jedes Jahr um die Welt. Grün sind sich auch die Ökologen unter den Beobachtern. Die Grünen verurteilen das Spektakel und haben immerhin durchgesetzt, dass die eingeschüttete Farbmenge mit den Jahren mehr als halbiert wurde.

Auch Bush bekennt Farbe

Der Grund für die überschäumende Feierlaune liegt in der Vielzahl der US-Amerikaner, die irische Wurzeln haben. Nahezu 40 Millionen sind es laut offizieller Statistik. Die meisten Iren kamen während der großen Hungersnot der Jahre 1845-1851 in die Neue Welt, wo sie sich als Industriearbeiter im Nordosten des Landes niederließen. Als Volksgruppe vermitteln sie heute noch einen entschiedenen Zusammenhalt, was nicht nur der Sankt Patrick's Day demonstriert.

Ihren Einfluss erstreckten die Iren auch auf die Politik. Allein in der jüngeren Geschichte entstammten drei namhafte Präsidenten einem irischen Elternhaus: John F. Kennedy, Ronald Reagan und zuletzt Bill Clinton. Auch der derzeitige Präsidentschaftskandidat der Demokraten ist Wahl-Ire. Zwar wanderte der Großvater von John Kerry aus Österreichisch-Schlesien (heute Tschechien) in die USA ein, benannte sich hier wegen der irischen Mehrheit im Ostküstenstaat Massachusetts aber von seinem Geburtsnamen Kohn in das irisch klingende Kerry um.

Wie opportun und politisch klug es in den USA ist, den St. Patrick's Day nicht einfach zu übergehen, bewies dagegen Kerrys Kontrahent George W. Bush. Zwar tanzte der Präsident nicht in den Straßen, hatte sich für den schon traditionellen Besuch des irischen Premiers in Washington an diesem Tag aber eine auffällig grüne Krawatte um den Hals gebunden. Seine Frau Laura trug zu Ehren des Nationalheiligen ein grünes Kostüm.

Sankt Patrick kehrt als Pat nach Hause

Inzwischen schwappt die Party-Welle wieder zurück über den Atlantik. Angereichert mit dem, was die amerikanischen Exil-Iren aus dem Nationalfeiertag konstruiert haben, wird ein Extrakt der eigenen Kultur re-importiert. So stand in diesem Jahr die irische Hauptstadt Dublin den Massenattraktionen in Boston und Chicago in nichts nach.

Mehr als 800.000 einheimische Paddyaner und Paddy-Touristen waren angelockt von Straßenparade, Feuerwerk, und Open Air-Konzert mit The Corrs, den Hothouse Flowers und den grünen Jungs von Westlife. Somit profitiert die Heimat aller Iren durch diese Art von Kulturrevolution zumindest von den Devisenbringern. Sie schütten Unmengen grünes Bier in sich hinein und feiern den Heiligen Patrick ganz groß - mit einem gänzlich unheiligen Spektakel auf der kleinen grünen Insel.