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"Aller Anfang ist schwer"

Martin Hubert / arn26. April 2004

Was war eher da: die Henne oder das Ei? - Mit dieser Frage lässt sich mittlerweile kaum noch ein Hobbyphilosoph hinterm Ofen vorlocken. Doch es geht um ein fundamentales Problem: Was war vor dem Urknall?

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Bild: AP

Immer war schon etwas da, aus dem die Welt entstand. Im Mythos war es das brodelnde Chaos, die tiefe Dunkelheit oder das fruchtbare Urei, aus denen Menschen, Götter und Tiere entsprangen. In der Religion war es der unendliche, allmächtige Gott, der die endliche Welt aus sich heraus schuf.

Verstrickt im Kreislauf des Nichts

Surveyor 7
Bild: NASA

Das Denken, das den Anfang der Welt erklären wollte, schien sich jahrtausendelang in bodenlose Kreisläufe zu verstricken. Genauer gesagt: in den Widerspruch, dass Endliches aus einem Nichts kommen müsse, das aber nicht Nichts sein dürfe, um einen Anfang verursachen zu können. Ausserdem durfte dieses zeugende Nichts natürlich nicht selber endlich sein. Womit vor den Anfang der Welt eine unendliche Welt ohne Anfang gesetzt wurde. Das Problem des Anfangs wurde damit trickhaft umgangen.

Theorie No. 1: Ausdehnung in unendlich langer Zeit

Als Gipfel des langen Siegeszugs der empirischen Wissenschaften im 20 Jahrhundert kam eine vernünftige Antwort aus dem Reich der Pysik: Die Sterne und Galaxien im Weltraum fliegen voeinander weg - und zwar umso schneller, je weiter sie von der Erde entfernt sind. Der Schluss daraus ist einfach und bestechend: Das Weltall expandiert in alle Richtungen.

Schwarzes Loch, Illustration
Bild: NASA

Und wenn man diese Ausdehnung in der Zeit zurückverfolgt, dann muss der Kosmos irgendwann einmal von 15 bis 20 Milliarden Jahren in einem einzigen Punkt konzentriert gewesen sein. Damit war eine Theorie geboren, die aus rein empirischen Beobachtungen ableitet, dass der Anfang der Welt als Urknall zu denken sei.

Das Universum existierte demnach zunächst in Punktgestalt, die sich dann mit einem gewaltigen Urknall auflöste. Dadurch entstanden Raum, Zeit und Materie und dehnen sich seitdem in alle Himmelsrichtungen aus. Vorher, sagten die Vertreter der Urknallmodells, gibt es nichts, alles entstand im Urknall. Das kann leider nicht sein, kritisierten bald darauf aber schon andere Vertreter aus dem Reich der Physik.

Theorie No. 2: Alles im Nichts des Quanten-Vakuums

Die Physiker hatten ein neues Problem der Unendlichkeit entdeckt. Der konzentrierte Urpunkt des Urknall musste nämlich unendlich dicht und unendlich heiß sein - solche unendlichen Größen sind aber in der Physik, die sich mit endlichen Größen beschäftigt, nicht erlaubt.

Raumfahrt-Tourismus
Bild: AP

Die Kritiker des Urknallmodells suchten daher nach einem neuen Anfang der Welt und fanden ihn - im Nichts. Genauer gesagt: in einem Nichts, das eigentlich gar kein richtiges Nichts ist, sondern ein waberndes Etwas: im sogenannte Quanten-Vakuum. In diesem Urzustand aller Materiefelder entstehen permament virtuelle Teilchen, die nach Millisekundenbruchteilen miteinander verschmelzen und wieder in den gärenden Vakuumzustand zurückkehren.

Nur unter ganz besonderen Bedingungen kann es geschehen, dass diese virtuellen Eskapaden zu dauerhafter Materie gerinnen. Und siehe da: dann wird daraus ein Urknallereignis mit endlichem Ausmaßen, das sich zu einem expandierenden Weltall entwickelt. Das Problem ist nur: Wennn man das einmal für möglich hält, dann muss man dem ewig existierenden Quantenvakuum zugestehen, unendlich viele solcher Universen hervorbringen zu können. Wissenschaftlich beobachten können die Physiker aber nur eins davon ...