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All about Eve

Konstantin Klein29. Dezember 2002

Mit dem Ende der Pressekonferenz beginnt meist erst die eigentliche Arbeit des Journalisten: das Gesagte zu überprüfen. Manchmal ist das aber ein hoffnungsloses Unterfangen findet DW-TV-Korrespondent Konstantin Klein.

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Man könnte es eine virtuelle Pressekonferenz nennen. Gut, die anwesenden Journalisten waren real, die Mikrophone, die Kameras, die Lichter waren echt, und auch die Frau hinter den Mikrophonen machte einen einigermaßen realen Eindruck. Stutzig hätte uns aber der Ort der Handlung machen sollen: Hollywood. Nicht das große in Kalifornien, sondern ein ziemlich kleines in Florida.

Dort trat Brigitte Boissellier am vergangenen Freitag vor die Weltpresse und sprach eine geschätzte Stunde über Eve. Eve war zum Zeitpunkt der Pressekonferenz ziemlich genau einen Tag auf dieser wunderbaren Welt und hatte keine Ahnung von der eigenen Bedeutung: Eve ist – wieder den Worten von Mme. Boissellier zufolge – das erste erfolgreich geklonte Baby der Welt, ihrer Mutter wie aus den Genen geschnitten.

Das heißt: Wenn es denn stimmt. Wir müssen uns da ein wenig auf die Worte von Mme. Boissellier verlassen – Beweise blieb sie bis auf weiteres restlos schuldig. Mme. Boussellier ist die wissenschaftliche Chefin einer US-Firma, die menschliche Klone herstellen will. Darüber hinaus ist sie Bischöfin der Raelianer-Sekte, einer Gruppe von Menschen, die an die Erschaffung des Menschen durch Ausserirdische glauben.

Worauf nun das selige Lächeln der Mme. Boussellier während ihrer Stunde im Rampenlicht von Hollywood (dem in Florida, wir erinnern uns!) zurückzuführen war, ist nicht ganz klar: War es der wissenschaftliche Durchbruch, oder war es doch das Bewußtsein, mit einem gewaltigen Sprung in der Schüssel die Aufmerksamkeit der Weltpresse erlangt zu haben?

Egal.

Viel bedenklicher wäre, wenn das Beispiel der Menschenkopiererin Schule machte. Was wäre, wenn beispielsweise der Präsident der Vereinigten Staaten behauptete, er habe keinen Sex mit einer Praktikantin gehabt? Wenn doch dieser Nicht-Sex nur in der Phantasie des Präsidenten existierte; in Wirklichkeit aber war es guter, altmodischer Oralsex, den die beiden miteinander hatten.

Oder – ein neueres Beispiel: Was, wenn ein Politiker öffentlich behauptete, ein anderer Politiker verfüge über Massenvernichtungswaffen, jedoch bis auf weiteres jeden Beweis dafür schuldig bliebe und mit seligem Lächeln erwartete, daß die Weltpresse das ohne Widerrede schluckt?

So etwas gibt’s doch nicht, meinen Sie?

Ha!