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Algerien: Geringe Beteiligung bei Parlamentswahl

10. Mai 2012

Erstmals seit Beginn des Arabischen Frühlings ist in Algerien ein neues Parlament gewählt worden. Die Wahlen gelten als die freiesten seit 20 Jahren, stießen aber auf ein sehr geringes Interesse.

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Eine algerische Frau verlässt eine Wahlurne (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Rund 21,6 Millionen Wahlberechtigte in Nordafrikas flächenmäßig größtem Staat waren aufgerufen, die 462 Mandate im Parlament neu zu vergeben. Insgesamt traten 44 Parteien an, darunter 21 neue Gruppierungen. Die Wahl verlief nach Angaben von EU-Beobachtern zunächst störungsfrei, stieß aber nach übereinstimmenden algerischen Medienberichten auf extrem geringes Interesse.

Gegen Mittag lag die Beteiligung nach Angaben des Innenministeriums bei 15,5 Prozent. Es blieb zunächst fraglich, ob eine Beteiligung von mehr 35 Prozent erreicht wird, dem Wert von 2007. Ergebnisse der Wahlen werden am Freitag erwartet.

Mäßige Beteiligung könnte Islamisten begünstigen

Die Nationale Befreiungsfront (FLN) von Präsident Abdelaziz Bouteflika ging als Favorit in die Abstimmung Doch die mäßige Wahlbeteiligung könnte ihre Hauptkonkurrenten, einen aus drei islamistischen Parteien bestehender Block, genannt die Grüne Allianz, begünstigen. Die ehemalige Einheitspartei FLN regiert das Land seit der Unabhängigkeit Algeriens vor einem halben Jahrhundert. Jedoch erwarten Beobachter, dass keine Fraktion eine Mehrheit erringen wird.

Algerien vor der Wahl - ein Stimmungsbericht

Die meisten Algerier schenkten der am Sonntag zu Ende gegangenen dreiwöchigen Wahlkampfphase kaum Beachtung. Nur selten waren Parteiveranstaltungen gut besucht und in einigen Fällen wurden die Kandidaten von enttäuschten Wählern sogar mit Steinen beworfen.

Bei der letzten freien Wahl 1991 stand die Islamische Heilsfront (FIS) kurz davor, die Regierungsmehrheit zu erringen. Die Wahl wurde daraufhin von den Streitkräften für ungültig erklärt, und die Fundamentalisten gingen in den Untergrund. Darauf folgte ein jahrelanger blutiger Bürgerkrieg. Seitdem gingen aus manipulierten Wahlen ausschließlich Parlamente hervor, die die Regierungspolitik von Präsident Bouteflika abnickten.

Trotz Ölreichtum herrscht große Unzufriedenheit

Trotz des Ölreichtums des nordafrikanischen Landes sind viele Bürger unzufrieden. Auf zahlreichen Demonstrationen protestieren sie immer wieder gegen hohe Arbeitslosigkeit sowie schlechte öffentliche Dienstleistungen und die schlechte Wohnungssituation. Während die Arbeitslosenquote offiziell nur bei zehn Prozent liegt, sind von den unter 30-Jährigen mindestens 20 Prozent ohne Beschäftigung. Diese Bevölkerungsgruppe macht 70 Prozent der Bürger aus.

Der Arabische Frühling mit seinen politischen Umwälzungen ist an Algerien weitgehend vorbeigegangen. Zwar kam es auch dort zu Protesten - nach wirtschaftlichen Zugeständnissen an die Bevölkerung flauten sie aber schnell ab.

Algerier warten in einer Reihe und zeige ihre Wahlscheine (Foto: AP)
Die Wahlbeteiligung war bis zum Mittag extrem niedrigBild: AP

Seitdem sind einige Reformgesetze auf den Weg gebracht worden, deren Auswirkungen aber umstritten sind. Algerien leidet zudem noch unter dem Trauma des jahrelangen Bürgerkrieges in den 1990er Jahren gegen radikalislamische Untergrundkämpfer, bei dem nach inoffiziellen Angaben Zehntausende Menschen ums Leben kamen.

GD/qu (dpa, afp, dapd)