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Alexander Rahr: "Putin positioniert sich als Anhänger des Westens"

14. Juni 2007

Beim G-8-Gipfel in Heiligendamm hat Moskau Washington angeboten, gemeinsam eine Raketenabwehr in Aserbaidschan zu betreiben. Alexander Rahr von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik bewertet Putins Vorschlag.

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Alexander RahrBild: DW

DW-WORLD.DE: Herr Rahr, wie haben sich Ihrer Ansicht nach die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen nach dem Gipfel in Heiligendamm verändert?

Alexander Rahr: Es ist noch zu früh, darüber zu sprechen, aber allem Anschein nach kehrt Putin zu seiner Ausgangsposition zurück, die er vor sieben Jahren einnahm, als er an die Macht kam. Sie besteht darin, dass sich Russland und der Westen in einen Wirtschafts- und Verteidigungsraum zusammenschließen sollten. Er hat Amerika vorgeschlagen, gemeinsam eine Raketenabwehr im Kaukasus zu entwickeln.

Wie bewerten Sie diesen Vorschlag des russischen Präsidenten?

Es ist zum einen ein sehr geschickter und schlauer PR-Schritt, zum anderen wäre es auch passend und adäquat, wenn das Vorhaben realisiert würde. Tatsache bleibt, dass ein Radar zur Ortung möglicher feindlicher Raketen gegen Amerika oder Russland in Aserbaidschan zweckmäßiger ist als in Tschechien, zumal es eine ehemalige sowjetische Anlage gibt, die 1980 errichtet wurde. Die kann man anpassen.

Mit seinem Argument, man müsse sich vor dem Iran nicht in der Mitte Europas verteidigen, hat Putin Bush den Boden unter den Füßen weggezogen. Den Amerikanern wird es sehr schwer fallen, den Aufbau von Stützpunkten für ein Raketenabwehrsystem in Tschechien und Polen zu begründen, wenn Putin ihnen konkret anbietet, diese an der Grenze zum Iran aufzubauen.

Wie können sich Putins Äußerungen auf die Beziehungen zu Teheran und Baku auswirken?

Erstens positioniert sich Putin als Anhänger des Westens und seine Äußerungen könnten die Beziehungen Moskaus zu Teheran sehr stark beschädigen. In Heiligendamm hat er erstmals erklärt, dass man gegenüber dem Iran wie auch immer geartete Maßnahmen ergreifen müsse. Das hat Russland früher nicht gemacht. Vielleicht wird dies helfen, sich der Position des Westens im Atomstreit mit dem Iran anzunähern.

Zweitens ist sehr wichtig, dass Putin sich zuvorkommend gezeigt hat. Die aserbaidschanische Radarstation hätte er nach einem Beitritt Aserbaidschans zur NATO ohnehin abgeben müssen, insofern ist es für ihn nicht so tragisch, sie zur Hälfte den Amerikanern zu überlassen. Die Amerikaner wollten und wollen die NATO um Aserbaidschan, Georgien und die Ukraine erweitern. Putin hat mit seinem Vorschlag eine feste Grundlage für die weitere Zusammenarbeit gerade in jenem Land geschaffen, das zwischen die beiden Fronten Russland-USA geraten könnte. In Russland selbst könnte Putin zweifelsohne beschuldigt werden, er verrate russische Interessen.

Das Gespräch führte Olga Demidowa
DW-WORLD.DE/Russisch, 8.6.2007, Fokus Ost-Südost