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Al-Sawahiris Bruder wartet auf sein Urteil

Naomi Conrad/dh10. August 2015

Klar ist: Mohammed al-Sawahiri ist der Buder von Top-Terrorist Aiman. Aber ist auch er schuldig, eine Terrorzelle gegründet zu haben? Noch ist das Urteil nicht gefallen. Aus Kairo berichtet Naomi Conrad.

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Islamist Mohammed al-Sawahiri hinter Gittern (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/K. Desouki

Mohammed al-Sawahiri ist der Bruder eines der weltweit meistgesuchten Terroristen. Das ist besonders dann von Nachteil, wenn man angeklagt ist, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben, sagt sein Anwalt Khalid Nour al-Deen. Al-Deen sitzt in seinem drückend heißen Büro, im Hintergrund sind blecherne islamische Gesänge zu hören. "Dass sein Nachname Al-Sawahiri lautet, ist ihm zum Verhängnis geworden", fügt er hinzu.

Denn Mohammeds älterer Bruder Aiman al-Sawahiri hat nach dem Tod von Al-Kaida Chef Osama Bin Laden 2011 die Führung der Terrorgruppe übernommen. Das sei der eigentliche Grund, warum Mohammed al-Sawahiri im August 2013 festgenommen wurde, sagt Al-Deen. Der Vorwurf bei der Festnahme lautete auf Unterstützung des im August 2013 vom Militär abgesetzten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi.

Nach dem Sturz Mursis wurde die Muslimbruderschaft verboten. Zehntausende Anhänger des gestürzten Präsidenten sind in Haft, hunderte wurden zum Tode verurteilt, ebenso wie Mursi selbst. Die Regierung unter der Führung von Abdel Fattah al-Sisi geht mit harter Hand gegen alle islamistischen Vereinigungen vor. Wer in Verdacht steht, zu einer islamistischen Gruppe Kontakt zu haben, wird inhaftiert und verurteilt. "Durch Mohammed al-Sawahiris Festnahme wollte man den Druck auf seinen Bruder Aiman erhöhen", sagt Anwalt Al-Deen.

Er ist der bekannte große Bruder: Al-Kaida Chef Aiman al-Sawahiri (Foto: DPA)
Er ist der bekannte große Bruder: Al-Kaida Chef Aiman al-SawahiriBild: picture-alliance/dpa

Der 62-jährige und 66 weitere Angeklagte werden der Bildung einer terroristischen Vereinigung beschuldigt. Sie sollen Anschläge auf Regierungseinrichtungen, Sicherheitskräfte und die christliche Minderheit Ägyptens geplant haben. Al-Sawahiri soll der Kopf der Gruppe sein, für Waffen gesorgt haben und für die Ausbildung der Terroristen verantwortlich gewesen sein. Eigentlich war heute mit einer Entscheidung des Gerichts gerechnet worden, doch die Verkündung des Urteils wurde auf Ende September verschoben. Zehn Angeklagte sollen die Todesstrafe erhalten, doch bevor sie verhängt wird, muss sich das Gericht mit dem Großen Mufti Ägyptens beraten. Al-Sawahiris Anwalt zeigte sich im Gespräch mit der DW zuversichtlich, dass sein Mandant die Todesstrafe nicht erhalten wird.

"Lächerlich und haltlos"

Seit Beginn des Prozesses hatte Khalid Nour al-Deen die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten als "lächerlich und haltlos" zurückgewiesen. Al-Sawahiri sei nie Mitglied einer solchen Gruppe gewesen. Er habe "noch nie eine Waffe in der Hand gehabt", sagt er.

Doch das ist scheint angesichts seines Werdegangs eher unwahrscheinlich: Der gelernte Ingenieur hatte sich schon in jungen Jahren dem ägyptischen Ableger der Gruppe "Islamischer Dschihad" angeschlossen. Eine gewaltbereite Gruppe, die sich Anfang der 1970-er Jahre formierte und Anschläge auf ägyptische Regierungsmitarbeiter und US-Einrichtungen verübte. Sie soll auch im Zusammenhang mit der Ermordung des damaligen Präsidenten Anwar Sadat stehen.

Viele Mitglieder des "Islamischen Dschihads" haben sich später dem Kampf gegen die Sowjetunion in Afghanistan angeschlossen. Al-Sawahiri soll einer von ihnen gewesen sein. Diese Kämpfer bildeten schließlich das Rückgrat einer Gruppe, die später unter dem Namen Al-Kaida weltweit als Terrororganisation Schlagzeilen machte.

Al-Sawahiri lebte fortan im Jemen, wo er 1999 festgenommen und nach Ägypten ausgeliefert wurde. Als er 2012 wieder auf freien Fuß kam, nutze er die Monate bis zu seiner erneuten Verhaftung, Proteste zu organisieren und zahlreichen Medien Interviews zu geben. In einem Gespräch mit der Zeitung "Die Zeit" Anfang 2013 sagte er, dass er voll und ganz hinter der Einstellung und den Taten seines Bruders stünde. Er sprach sich gegen die Demokratie aus und befürwortete die Einführung der Scharia weltweit.

"Ein religiöser Mann"

Mohammed Ayyed, ein enger Freund aus Mohammed al-Sawahiris Studientagen, beschreibt ihn als "freundlich und hilfsbereit". Im Gespräch mit der Deutschen Welle erzählt Ayyed, dass Al-Sawahiri ein "sehr religiöser Mann ist, der schon immer in einem islamischen Staat leben wollte". Ayyed, der Osama Bin Laden als Held bezeichnet, erzählt, dass der jüngere Bruder immer sehr stolz auf seinen Bruder Aiman gewesen sei. "Wenn ich jemals die Chance gehabt hätte, mich dem Dschihad in Afghanistan anzuschließen, dann hätte ich es liebend gerne getan", fügt Ayyed hinzu.

Ahmed Abd Rabou, Politik-Professor an der Kairo Universität, derzeit für ein Semester an der Denver Universität tätig, bezweifelt, dass Mohammed al-Sawahiri unschuldig ist. Er hält es durchaus für möglich, dass er trotz seiner Unschuldsbekundungen eine terroristische Zelle in Ägypten gegründet hat. Allerdings geht auch er davon aus, dass es weitaus einflussreichere Führungsfiguren in der islamistischen Szene gibt. Immer mehr Extremisten würden sich dem so genannten "Islamischen Staat" zuwenden, der einst aus der Terrorgruppe Al-Kaida hervorgegangen war, sich dann aber abgespalten hat.

Sollte Mohammed al-Sawahiri schuldig gesprochen werden, so rechnet Rabou nicht mit großen Protesten. Im Gegensatz zu seinem Bruder oder Osama Bin Laden sei Mohammed al-Sawahiri nie eine wirkliche Führungspersönlichkeit gewesen.