Ait Ben Haddou: Kampf um das Kulturerbe
Die Lehmburg Ait Ben Haddou gilt als wichtiges Kulturerbe in Marokko. Doch heftige Unwetter haben es stark beschädigt - der Wiederaufbau ist mühsam und kostspielig.
Marokkos Weltkulturerbe
Die Lehmburg Ait Ben Haddou gehört zu den beliebtesten Zielen für Marokko-Reisende. Früher war die Kasbah ein wichtiger Umschlagsplatz für Karawanen, heute kommen vor allem Touristen hierher. Heftige Unwetter haben dem Bergdorf im November 2014 schlimme Schäden zugefügt.
Schlimme Schäden
Nach tagelangem Regen sind in Ait Ben Haddou viele Lehmmauern eingestürzt, ganze Gebäude wurden zerstört. Sie wieder aufzubauen, ist sehr aufwendig. Hinzu kommt, dass sich die Häuser oft im Besitz von Großfamilien befinden. Entscheidungen werden nur schleppend getroffen.
Auszug aus dem alten Dorf
Nur noch wenige Familien wohnen im alten Dorf. Das Leben in der Lehmburg ist mühsam - auch, weil es dort keine Stromversorgung gibt. Fatma wurde in Ait Ben Haddou geboren. Wie viele Einheimische lebt die 94-Jährige inzwischen auf der anderen Seite des Oued Mellah.
Modernes Leben
Mit dem Bau der Asphaltstraße in den 1950er Jahren haben sich die alteingesessenen Familien im neuen Dorf angesiedelt. Hier gibt es zahlreiche Hotels und Restaurants. Tourismus ist für die Einwohner von Ait Ben Haddou die wichtigste Einnahmequelle. Doch der ist in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen.
Aufwendige Handarbeit
Die Restaurierung der alten Lehmburg bedeutet viel Handarbeit. Als Baumaterial werden Lehm, Holz und Schilf benötigt - und dazu jede Menge Kraft. Die traditionelle Lehmbauweise ist bei den Einheimischen noch sehr präsent. Doch der Wiederaufbau lohnt sich für sie oft nicht.
Kunstvolles Handwerk
Aufwendig verzierte Türrahmen zeugen von der Pracht, die Ait Ben Haddou früher ausgestrahlt hat. Wie alt die Gebäude sind, ist umstritten - Experten gehen davon aus, dass sie zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert errichtet wurden.
Alte Synagoge
Wo heute Lehmziegel den Weg versperren, befand sich früher der Eingang zu einer Synagoge. In Ait Ben Haddou haben bis vor einigen Jahrzehnten viele jüdische Familien gelebt. Mit dem Auszug der jüdischen Bevölkerung ist ein großer Teil des Wissens um das Handwerk abgewandert.
Beliebte Filmkulisse
Der ehemalige Speicher steht unter dem Schutz des UNESCO-Weltkulturerbes. Produzenten aus aller Welt kommen in den Süden von Marokko, um in Ait Ben Haddou Spielfilme zu drehen. Einheimische wirken oft als Statisten oder in der Produktion mit.
Lebendiges Mittelalter
Das alte Dorf dient oft als Kulisse für Filme, die im Mittelalter spielen. Szenen aus "Game of Thrones" und "Der Medicus" wurden hier gedreht. Für den Film "Gladiator" verwandelten die Produzenten den Marktplatz vor den Toren von Ait Ben Haddou in eine Arena.
Der Weg der Karawanen
Früher lag Ait Ben Haddou auf dem Weg für Karawanen, die von Timbuktu nach Marrakesch zogen. Heute liegt der Ort abseits von der Hauptstraße, die von Casablanca nach M'Hamid führt. Im Hintergrund liegt der Hohe Atlas mit bis zu 4000 Meter hohen Gipfeln.
Verlust von Ackerland
Der Deutsch-Österreicher Andreas Reinhartz kennt Ait Ben Haddou seit 35 Jahren. Er ist mit einer Einheimischen verheiratet. Durch die Unwetter im November hat die Familie - wie fast alle Familien in der Region - ein Drittel ihres Ackerlandes verloren. Es wurde einfach weggespült.
Wasser statt Brot
Wo heute Wasser fließt, standen vor einigen Wochen noch Olivenbäume. Das Hochwasser hat die Ernte vernichtet. Für die gesamte Region ist das ein großer Verlust. Denn außerhalb von Ait Ben Haddou profitieren die Menschen nicht vom Tourismus, sondern leben ausschließlich von der Landwirtschaft.
Die Deutsche Welle beteiligt sich am journalistischen Austauschprojekt "Nahaufnahme" des Goethe-Instituts, bei dem Redakteure aus Deutschland und arabischen Ländern für jeweils zwei bis vier Wochen ihren Arbeitsplatz wechseln.
DW-Reporterin Anne Allmeling berichtete im Januar 2015 für die Onlinezeitung "Morocco World News" in Rabat. Im Gegenzug ist im Februar Tariq Elbaraka von den "Morocco World News" bei der Deutschen Welle zu Gast.
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