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Airbus contra Boeing

Bernd Riegert, Brüssel19. Januar 2005

Schon lange kämpfen Boeing und Airbus darum, wessen Verkaufszahlen am schnellsten steigen. Beide beschuldigen sich, nur dank massiver Subventionen erfolgreich zu sein. Ein teurer Rechtsstreit droht.

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Die Boeing 7E7 Dreamliner soll ab 2008 in Serie gehenBild: AP/Boeing

Bei jeder Gelegenheit lässt der scheidende Chef von Airbus, Noel Forgeard, die Konkurrenten von Boeing wissen, dass sie nur die Nummer zwei sind. Der europäische Airbus-Verbund hat im Geschäftsjahr 2004 wieder mehr zivile Flugzeuge ausgeliefert als die Amerikaner. Die Flugzeugbauer aus Seattle mosern, der Erfolg der Europäer sei nur durch exzessive staatliche Subventionen zu erklären.

Im Wahlkampf im vergangenen Herbst hatte US-Präsident George W. Bush deshalb zurückgeschlagen und ein 1992 mit der EU ausgehandeltes Abkommen über staatliche Hilfen im Flugzeuggeschäft gekündigt.

Die Sprecherin der EU-Kommission, Claude Veron-Reville, sah in der Kündigung vor allem eine panikartige Reaktion der Amerikaner: "Was die Amerikaner langsam gemerkt haben ist, dass Airbus nicht nur ein großer Konkurrent, sondern inzwischen Weltmarktführer ist. Und das ist völlig anders als in den 1980-Jahren."

Subventionierung auf beiden Seiten

Airbus A380
Der neue Airbus A380 sichert in Deutschland bis zu 40.000 ArbeitsplätzeBild: dpa

Nach dem Abkommen von 1992 durften die Airbus-Eigner Frankreich, Großbritannien, Spanien und Deutschland Kredite gewähren, die ein Drittel der Entwicklungskosten für eine Maschine abdecken. Dem Supervogel A380 griffen die Eignerstaaten mit rund zwei Milliarden Euro bei der Entwicklung unter die Tragflächen. Aber das seien laut Airbus-Chef Forgeard verzinste Kredite gewesen, die Airbus bislang alle zurückgezahlt habe.

Im Gegenzug durfte die amerikanische Regierung Boeings Jumboflotte durch Zuschüsse zu Boeings Militärflugzeugen und mit Steuernachlässen quer subventionieren.

Angst vor einem WTO-Spruch

Nach der Kündigung wandten sich Airbus als auch die EU an die Welthandelsorganisation WTO. Ein Handelskrieg der Lüfte drohte zwischen Europa und Amerika. Boeing lief in höchster Not besonders gegen Anschubsubventionen für den kleineren Airbus A350 Sturm. Dieses Flugzeug empfinden die Amerikaner als direkte Konkurrenz zu ihrem neuen 7E7 Dreamliner.

Anfang Januar lenkte der scheidende US-Handelsbevollmächtigte Bob Zoellick ein. Er einigte sich mit EU-Handelskommissar Peter Mandelson auf einen Waffenstillstand. "Jetzt wollen wir alles auf den Tisch legen. Für jeden müssen die gleichen und fairen Bedingungen gelten", gab Sprecherin Claude Reron-Ville bekannt.

Drei Monate Zeit zu schlichten

Bevor der Fall vor das WTO-Gericht kommt, wollen die EU und die USA für mindestens drei Monate Schlichtungsverhandlungen aufnehmen. Das langfristige Ziel soll der völlige Wegfall von staatlichen Beihilfen für die Flugzeugschmieden sein.

Am Ende der Verhandlungen könnten die Beihilfen zwar sinken, glaubt Hans-Joachim Gante, Präsidialgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, von einer kompletten Streichung geht er aber nicht aus.

Wichtig sei vor allem die Forschungsförderung, die nicht zurückgezahlt werden muss. Dafür wendet die Bundesregierung innerhalb von fünf Jahren 160 Millionen Euro auf, denn schließlich hängen allein an der A380-Fertigung bei voller Auslastung 40.000 Arbeitsplätze in Deutschland.

Barroso erleichtert

EU-Kommissionschef Jose Barroso ist erleichtert, dass das Airbus-Boeing-Drama noch vor dem Besuch von Bush im Februar 2005 in Brüssel zumindest vorläufig eine gute Wendung genommen hat. "Ein Problem beim Handel sollte nicht Konflikte auf anderen Feldern der Politik auslösen", forderte er. "Lassen sie uns das Problem lösen, wenn möglich. Wenn nicht, sollte der transatlantische Dialog nicht leiden."

Airbus A380 wird enthüllt
Airbus-Chef Noel Forgeard, Tony Blair, Jacques Chirac, Gerhard Schroeder und Jose Luis Zapatero (v.l.) wohnen der Enthüllung des größten Passagierflugzeugs der Welt bei, dem Airbus A380Bild: AP

Neues Öl ins Feuer goss dagegen Bundeskanzler Gerhard Schröder bei der Präsentation des neuen Airbus A380 am Dienstag (18.1.2005). Bei den Verhandlungen mit den USA müsse die "europäische Fahne" hochgehalten werden, sagte Schröder. Außerdem appelierte er an den Airbus-Mutterkonzern EADS, sich nach Russland zu öffnen.

Bei der EU in Brüssel hoffen inzwischen einige Diplomaten, bei der US-Attacke auf die Airbus-Finanzierung habe es sich auch um ein Wahlkampfmanöver von Bush gehandelt, der zeigen wollte, dass er sich um amerikanische Arbeitplätze sorgt. Bei genauerer Analyse aber haben wohl beide Seiten gesehen, dass sie bei einem WTO-Spruch nur verlieren könnten. Lachende Dritte könnten die aufstrebenden Flugzeugbauer in Brasilien oder China sein.