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Farbe bekennen

19. Juli 2010

Die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika lenkte kurzzeitig von den massiven Problemen ab, die das Land hat. Um nicht vergessen zu werden, gingen tausende Aidskranke in Johannesburg auf die Straße.

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AIDS-Demonstration in Südafrika. (Foto: Anna Kuhn-Osius)
Wollen nicht vergessen werden: Südafrikas AidskrankeBild: Anna Kuhn-Osius

"Wir brauchen Hilfe", singen die südafrikanischen Demonstranten im Chor, schwingen die Vuvuzela, skandieren in Zulu: "Ob schwarz, ob weiß, ob negativ, ob positiv - wir wollen Medikamente".

Mehrere tausend Aidskranke haben so Mitte Juni 2010 in Johannesburg lautstark für eine bessere Versorgung demonstriert. Die HIV-Infizierten, ihre Angehörigen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen zogen gemeinsam vor die US-amerikanische Botschaft und forderten US-Präsident Barack Obama in einem Memorandum auf, den Kampf gegen Aids trotz Wirtschaftskrise fortzuführen. Die Kritik der Infizierten: Obama hatte aufgrund der anhaltenden Rezession in den USA erklärt, die Fördergelder für Aids-Hilfe in Afrika zu reduzieren.

Über 5 Millionen HIV-Infizierte

Viele Kinder sind mit dem HI-Virus infiziert (Foto: Anna Kuhn-Osius)
Viele Kinder sind mit dem HI-Virus infiziertBild: Anna Kuhn-Osius

"Wir fordern die USA auf, nicht nur in der internationalen Sicherheitspolitik, sondern auch im Kampf gegen Aids eine Führungsrolle in der Weltgemeinschaft zu übernehmen", erklärt Marc Heywood, Direktor im nationalen Aids-Rat Südafrikas. "Im südlichen Afrika zeichnet sich eine Katastrophe ab, wenn nicht mehr gegen Aids getan wird."

Allein in Südafrika sind mehr als fünf Millionen Menschen HIV-positiv - und das ist nur die offizielle Zahl. Jeder fünfte im Land hat Aids. Damit gehört Südafrika zu den Ländern mit der am Abstand höchsten Aidsrate der Welt. Die Fußballweltmeisterschaft überlagert kurzzeitig die massiven Probleme, in denen das Land steckt. "Südafrika hat so viele Millionen in den Bau von Fußballstadien investiert - aber sein Gesundheitsprogramm ist noch immer unterfinanziert", kritisiert Heywood. "Die Fußballweltmeisterschaft ist in ein paar Wochen vorbei - aber das Aidsproblem in diesem Land wächst jeden Tag! Da wären Krankenhäuser sinnvoller als Fußballstadien."

Kaum Zugang zu Medikamenten

Nur die wenigsten haben Zugang zu medizinischer Versorgung (Foto: Anna Kuhn-Osius)
Nur die wenigsten haben Zugang zu medizinischer VersorgungBild: Anna Kuhn-Osius

Wer in Südafrika die Diagnose HIV-positiv erhält und nicht die finanziellen Mittel hat, teure Medikamente zu bezahlen, kommt in einem der öffentlichen Behandlungszentren auf eine Warteliste. Die Länge dieser Liste bestimmt über Leben und Tod - denn nur für einen geringen Prozentsatz der Infizierten können die lebensverlängernden Medikamente finanziert werden. Schätzungen zufolge hat insgesamt nicht mal die Hälfte aller Infizierten überhaupt Zugang zu Medikamenten.

"Ohne Hilfe der Staatengemeinschaft ist kein Land im südlichen Afrika in der Lage, der Aidsproblematik Herr zu werden", sagt der Arzt Bactrin Killingo, Manager des afrikanischen Programms von ITPC (International Treatment Prepardness Coalition). "Auch wenn Südafrika bereits eine Menge tut - ohne Hilfe von außen ist das alles ein Tropfen auf den heißen Stein."

Nationale AIDS-Kampagne

Farbe bekennen: Aidskranke wollen sich nicht mehr verstecken (Foto: Anna Kuhn Osius)
Farbe bekennen: Aidskranke wollen sich nicht mehr versteckenBild: Anna Kuhn-Osius

Die südafrikanische Regierung hat ihr Engagement gegen Aids in den vergangenen Jahren massiv verbessert: Eine riesige nationale Kampagne hat das Ziel, möglichst alle Menschen auf Aids testen zu lassen - um damit einer weiteren Verbreitung der Krankheit vorzubeugen. Der Zeitplan zur Umsetzung des Ziels gilt allerdings jetzt schon als gescheitert - mit einer Milliarde Rand ist das Projekt hoffnungslos unterfinanziert. Und wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise kürzen zahlreiche internationale Hilfsorganisationen ihre Gelder.

Eine freie Medikamentenversorgung für alle Infizierten - die Demonstranten wissen genau, dass Südafrika allein diesen Wunsch niemals erfüllen kann. Deswegen der vorwurfsvolle Hilferuf der Aidskranken an die US-Regierung: "Yes we can" schreien sie im Chor und tanzen vor amerikanischen Botschaft. "Obama - wir brauchen dich!"

Und sogar die dreijähige Owentuu, deren Mutter an Aids erkrankt ist, weiß genau, worum es geht: "Herr Obama muss uns helfen", sagt sie leise. "Damit meine Mama gesund wird."

Autorin: Anna Kuhn-Osius

Redaktion: Katrin Ogunsade