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AIDS-Medikamente für die Ärmsten der Armen

Michael Brückner27. Oktober 2003

Forschung ist teuer, aber Medikamente gegen den AIDS-Erreger HIV sind besonders teuer. Entwicklungsländer fordern immer nachdrücklicher die Erlaubnis, preiswerte Nachahmerprodukte herstellen zu dürfen.

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Fuezon ist das derzeit teuerste AIDS-MedikamentBild: AP

Kurz vor der Eröffnung der 11. internationalen Konferenz des "Global Network People Living with HIV/AIDS" (GNP+) in Kampala, Uganda, hat die Stiftung des früheren US-Präsidenten Bill Clinton ein Abkommen mit vier Pharma-Unternehmen über den Verkauf preiswerter AIDS-Medikamente an Entwicklungsländer erzielt. Dadurch sollen die Kosten von Nachahmer-Medikamenten fast um ein Drittel auf 0,38 Dollar (0,32 Euro) pro Tag und Patient reduziert werden.

Bisher kostet die Therapie mit den so genannten Generika, also preiswerteren Kopien von Originalmedikamenten, den Angaben der Clinton-Stiftung zufolge 0,55 Dollar, die Behandlung mit den Markenprodukten sogar 1,54 Dollar. Die Stiftung arbeitet mit karibischen Staaten sowie mit den Regierungen der afrikanischen Staaten Mosambik, Ruanda, Südafrika und Tansania zusammen, um dort Präventions- und Behandlungsprogramme gegen HIV und AIDS zu unterstützen.

Sparen mit Bill Clinton

Der Clinton-Stiftung gelang es, wenn schon nicht die Hersteller der Originalprodukte, so doch die der wirkstoffgleichen Nachahmer-Produkte zur Offenlegung ihrer Produktionskosten und -verfahren zu bewegen. Gemeinsam wurde dann an einer Kostenoptimierung gearbeitet.

"Doch wie kommen die Medikamente von den Generika-Herstellern zu den Menschen?" fragt Katja Roll vom deutschen "Aktionsbündnis gegen AIDS“. Die Abkommen der Clinton-Stiftung wurden vor allem mit Unternehmen in Indien geschlossen. Denn Indien macht nicht mit beim internationalen Patentschutz für Medikamente, dort kann mit Generika gehandelt werden. In fast alle anderen Länder der Erde können diese Produkte aber nicht einfach exportiert werden, das können die Inhaber der Patente untersagen.

Betroffenen-Konferenz in Uganda

Auf der nun beginnenden "GNP+"-Konferenz der in Kampala ist das Problem bezahlbarer Medikamente ein zentrales Thema. Zwar hat die Welthandelsorganisation (WTO) grundsätzlich beschlossen, Entwicklungsländern die Einführung von Generika gegen AIDS zu erlauben, doch die Höhe der dann immer noch an die Rechteinhaber zu bezahlenden Lizenzgebühren bleiben in jedem Einzelfall strittig.

Brasilien droht

So hat Brasilien bereits einigen Pharma-Unternehmen damit gedroht, per Gesetz deren Patente zu brechen, um AIDS-Medikamente unter staatlicher Aufsicht nachzumachen. Daraufhin senkten diese Unternehmen deutlich die Verkaufspreise. In Südafrika läuft derzeit ein Verfahren gegen das deutsche Unternehmen Boehringer Ingelheim und die britische Firma GlaxoSmithKline. Ihnen wird vorgeworfen, ihre Monopolstellung auf dem südafrikanischen Arzneimittelmarkt zu missbrauchen. Durch überhöhte Preise und Wettbewerbsbeschränkung verhinderten diese, dass alle AIDS-Patienten mit lebenswichtigen Medikamenten versorgt werden könnten.

Aids-Proteste in Südafrika
AIDS-Aktivisten vor dem obersten Gericht in Pretoria, Südafrika.Bild: AP

Medikamente für Afrika

70 Prozent aller HIV-Infizierten weltweit leben in Afrika. Bisher starben 20 Millionen Bewohner des Kontinents an der Immunschwächekrankheit, 25 Millionen Kinder wurden zu Waisen. 29,4 Millionen Menschen in Afrika sind HIV-infiziert. Mehr als die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung muss täglich mit weniger als einem Dollar auskommen. Aufgrund der bitteren Armut bleiben die – mit extrem hohem finanziellen Aufwand entwickelten Medikamente – für die meisten Betroffenen dort unerreichbar. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO haben 99 Prozent der HIV-infizierten Afrikaner keinen Zugang zu Anti-HIV-Medikamenten.

Auch für west-europäische Verhältnisse ist eine HIV-Therapie sehr teuer. Nach Angaben von Armin Schafberger von der Deutschen AIDS-Hilfe in Berlin kosten die Medikamente für eine durchschnittliche Therapie in Deutschland pro Monat rund 1500 Euro. Eine solche Therapie besteht aus einer Kombination von drei verschiedenen Produkten. Allein die Tagesdosis des allerneuesten HIV-Medikaments, Fuzeon des Schweizer Pharmaunternehmens Roche, kostet 52 Euro.