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Ai Weiwei posiert als ertrunkener Flüchtlingsjunge

1. Februar 2016

Der chinesische Künstler Ai Weiwei hat das bekannteste Bild der Flüchtlingskrise nachgestellt, nämlich das vom ertrunkenen syrischen Kleinkind Aylan Kurdi. Nicht jeder findet die Aktion ethisch vertretbar.

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Schwarz-Weiß-Bild: Ai Weiwei liegt am Strand wie der ertrunkene Flüchtlingsjunge Aylan Kurdi am Strand von Lesbos (Foto: Rohit Chawla/India Today via AP)
Bild: Rohit Chawla/India Today via AP

Im September 2015 war der syrische Junge Aylan Kurdi im Alter von drei Jahren bei der Überfahrt nach Griechenland ertrunken. Das Bild von seinem leblosen Körper am Strand von Lesbos ging um die Welt. Und ließ auch Ai Weiwei nicht unberührt. Der chinesische Künstler, der mittlerweile in Berlin lebt, hat schon mehrfach mit seiner Kunst für Schlagzeilen gesorgt. Aber sich selbst in der Pose des ertrunkenen Flüchtlingsjungen fotografieren zu lassen, geht einigen Menschen zu weit.

Das Foto, das Ai Weiwei auf einem Strand auf der Insel Lesbos zeigt, wurde vom Fotografen Rohit Chawla für das indische Magazin "India Today" aufgenommen. Neben kritischen Äußerungen gibt es auch Twitter-Nutzer, die das Foto "ausdrucksstark" nennen und glauben, dass Ais Aktion dabei helfe, das Schicksal der Flüchtlinge nicht zu vergessen.

In einem Interview mit der Illustrierten sagte Ai, dass künstlerische Ansätze "eher menschlich als politisch" sein sollten und klagt an, dass solche Tragödien nach wie vor stattfänden.

Ai Weiwei betont, dass er mit dem Foto die Not der Flüchtlinge erneut ins Bewusstsein rufen wolle.

Auf der Flucht nach Griechenland war Aylan Kurdi zusammen mit seinem fünfjährigen Bruder und seiner Mutter ertrunken - wie viele andere Flüchtlinge auch. Das Foto des toten, an den Strand gespülten Jungen ging daraufhin als tragisches Symbol der Flüchtlingskrise um die Welt.

Ai reagiert auf dänische Flüchtlingspolitik

Erst vergangene Woche hatte Ai Weiwei aus Protest gegen die verschärfte Asylpolitik der dänischen Regierung zwei Ausstellungen mit seinen Werken gestoppt. Das Aros-Museum in Aarhus und die Faurschou-Stiftung in Kopenhagen mussten beide jeweils die aktuellen Ausstellungen beenden, weil das dänische Parlament einen Antrag der Regierung gebilligt hatte, sämtliche Wertgegenstände von in Dänemark anreisenden Flüchtlingen zu beschlagnahmen. Der umstrittene Gesetzentwurf sieht vor, dass Asylbewerbern unter anderem Gegenstände über einem Wert von 10.000 Kronen (rund 1340 Euro) abgenommen werden.

"Solche politischen Maßnahmen sind in Grunde nur eine Beleidigung für die Menschenwürde", sagte Ai. Die beiden Museen unterstützen den 58 Jahre alten Künstler in seiner kritischen Einstellung.

"Diese Leute kommen mit Schüttelfrost ganz nass hier an und wollen nur dem Krieg entfliehen. Das heißt nicht, dass sie ohne jeden Groschen leben müssen. Das sind keine Bettler. Es geht hier um die Würde", so Ai. Als Künstler könne er nicht viel mehr tun, als die Ausstellung seiner Werke zu verweigern.

Ai Weiwei hilft Flüchtlingen bei Lesbos (Foto: Reuters/G. Moutafis)
Ai Weiwei verfolgt die Flüchtlingskrise aus unmittelbarer Nähe mit und hilft Einsatzkräften bei der Rettung gestrandeter MenschenBild: Reuters/G. Moutafis

Lesbos: Kunst mit Flüchtlingen

Die Flüchtlingskrise ist mittlerweile zu einem wichtigen Thema in Ai Weiweis Werk geworden. Aufgrund des größten Migrationstrends seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat der chinesische Künstler erst vor Kurzem auch ein Studio auf der Insel Lesbos gegründet. Von dort aus möchte Ai an zahlreichen Projekten mit den Flüchtlingen arbeiten.

"Es ist wichtig, hierher zu kommen und ein Teil der Ereignisse zu sein", sagt Ai Weiwei. Er hat vor, mehrmals im Jahr nach Lesbos zu reisen und das Thema aus der Nähe mitzuverfolgen.

ss/so (AP, AFP, Reuters, dpa)