Afrikanisches Design am Kap
Kapstadt ist als erste afrikanische Stadt "Welt-Design-Hauptstadt". Dabei geht es um mehr als dekorative Objekte und außergewöhnliche Architektur: Die südafrikanische Metropole will sich komplett neu erfinden.
Mit Design gegen die Apartheidsfolgen
Als erste afrikanische Metropole ist Kapstadt zur Welt-Design-Hauptstadt gekürt worden. Es geht nicht nur um dekorative Objekte, sondern auch um nachhaltiges Design - 20 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung hat Kapstadt mit den stadtplanerischen Folgen der Apartheid zu kämpfen: Die Viertel sind auch heute noch weitgehend nach Hautfarbe aufgeteilt. Eine Herausforderung für die Kreativen.
Farbe bekennen
Gelb ist die offizielle Farbe der Welt-Design-Hauptstadt 2014. Die Kapstädter Designerin und Illustratorin Heather Moore forderte Anfang des Jahres über ihr Blog Kreative dazu auf, das offizielle Gelb in Schaufenster-Dekos und auf Fassaden zu übernehmen, um so die Idee nach außen zu tragen. Seitdem prangt der gelbe Kreis an zahlreichen Gebäuden in der Stadt.
Uhrturm in Gelb
Zu Beginn des Jahres wurde der Uhrturm an der Waterfront gelb gestrichen. Das Motto "Design leben, Leben verändern" soll auf die Bedeutung von Design in gesellschaftlichen Wandlungsprozessen hinweisen. Kapstadt, so die Managerin von "Cape Town Design", Alayne Reeseburg, habe den Zuschlag nicht wegen seiner etablierten Design-Szene, sondern wegen seines Entwicklungspotenzials erhalten.
Ein neues Zentrum für Kapstadt
Toni Elvins Projekt "iKhayaLeLanga" ist eins von 460 Design-Projekten. Der Unternehmer will Langa, Südafrikas ältestes Township, zum neuen Zentrum Kapstadts machen und die Grenzen aufweichen zwischen Vierteln, in denen mehrheitlich Weiße, Schwarze oder Coloureds - Menschen gemischter Abstammung - wohnen. Ein Internet-Café existiert bereits, eine Gemeindehalle und ein Wochenmarkt sollen folgen.
Design-Hotspot Woodstock
Das Herz der Kapstädter Design-Szene schlägt in Woodstock. Das Industrie- und Arbeiterviertel hat sich in den vergangenen Jahren zum Zentrum der Kreativen entwickelt. In Fabrikgebäuden und heruntergekommen Häusern entstanden Ateliers, Galerien und Cafés neben alteingesessenen Geschäften und Autowerkstätten. Auch zahlreiche Touristen zieht es in das Viertel im Westen der Stadt.
Lokales Design im Fokus
Der südafrikanische Designer Charles Haupt leitet die "Bronze Age Art Foundry" in Woodstock. Die Gießerei produziert Skulpturen für internationale und lokale Künstler und stellt deren Werke aus. Die Ernennung zur Welt-Design-Hauptstadt sieht Haupt positiv: "Das hat unserer Galerie internationale Aufmerksamkeit beschert."
Von afrikanischen Mustern inspiriert
"Südafrikanisches Design ist nicht unbedingt hochmodern, sondern sehr organisch, inspiriert durch afrikanische Muster und Texturen", erklärt der Designer Charles Haupt. Ein Beispiel dafür: Die Bronze-Skulptur des Kapstädter Künstlers Driaan Claasen, die in Haupts Galerie in Woodstock ausgestellt ist.
Modern afrikanisch
Bei der Welt-Design-Hauptstadt geht es um sowohl um Stadtplanung als auch um schöne Objekte. Die Entwürfe des Labels Indigi Design vermischen afrikanische Muster mit modernen geometrischen Formen. Zu Beginn des Jahres sei die Nachfrage nach ihren Produkten massiv angestiegen, sagt Mitarbeiterin und Interior Designerin Jolene Malgas.
Kunstgalerie im Township
Im Rahmen der Welt-Design-Hauptstadt haben der Künstler Siphiwe Ngwenya und sein Team zehn Häuser im Langa Township in öffentliche Galerien umgewandelt. Nosiviwe Taules Haus ist eines davon: Für einen Ticketpreis von umgerechnet sieben Euro können Besucher in ihrem und den benachbarten Wohnzimmern Werke ortsansässiger Künstler betrachten.
Begegnungen ermöglichen
In Nosiwive Taules Haus sind Holzschnitte des Künstlers Velile Soha ausgestellt. Das Langa Township Art Gallery-Projekt will Kunst aus dem Township fördern, Arbeitsplätze schaffen und Begegnungen ermöglichen - nicht nur Touristen, auch Kapstädter aus anderen Wohnvierteln sollen einen Grund haben, ins Township zu kommen.
Mama Rosies Garten
Mama Rosie leitet das Garten-Projekt "Food Pods" im Township Philippi. Zusammen mit den Bewohnern baut sie ökologisches Gemüse an, das diese in ihrem Viertel weiterverkaufen können. Food Pods sorgt so für gesunde Nahrungsmittel und Arbeitsplätze in einem Gebiet, das durch hohe Kriminalität und Arbeitslosigkeit geprägt ist.
Ökologisches Design
Das Design-Projekt "EcoBrick Exchange" stellt Baumaterial aus Abfall her: Plastikflaschen werden mit nicht recyclebarem Material gefüllt und dienen so als Isolierung für Häuser in Townships und ärmeren Siedlungen. Die Flaschen werden in Stahlrahmen aufeinandergesetzt und durch verputzte Platten eingeschlossen. Die Hohlräume werden zur zusätzlichen Isolierung und Brandschutz mit Sand aufgefüllt.
Plastikflaschen gegen Kleider tauschen
Die Südafrikanerin Ziyanda arbeitet sei zwei Monaten bei EcoBrick Exchange. Ihr gefällt die soziale Komponente des Projekts: Township-Bewohner können die mit Abfall gefüllten Plastikflaschen bei dem Projekt-eigenen Laden abgeben und sich im Gegenzug Kleider oder Spielsachen aussuchen.
Projektschau in der Stadthalle
Interessierte können sich in der Stadthalle über einige der 460 offiziellen Welt-Design-Hauptstadt-Projekte informieren. Viele der Initiativen wurden bereits vor 2014 ins Leben gerufen. Die Ernennung zum Welt-Design-Hauptstadt-Projekt beinhaltet zwar keine Finanzierung, erleichtert es aber, Sponsoren auf sich aufmerksam zu machen.
Design nur für die Reichen?
Lokale Journalisten haben den Verantwortlichen der Welt-Design-Hauptstadt vorgeworfen, die Veranstaltungen richteten sich nur an eine gebildete Elite und schlössen die arme Bevölkerung aus. Auf die Kritik angesprochen verweist Alayne Reese, Managerin von Cape Town Design, auf die zahlreichen Design-Projekte in den Townships.