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Afrikanische Löwenstaaten boomen

23. Dezember 2011

Lange waren europäische Unternehmer in Afrika nur an Südafrika und dem arabischen Raum interessiert. Aber nun stellen sie fest: Auch andere Länder Afrikas sind interessant - man muss nur genau hinsehen, um zu wissen wo.

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Löwe mit weit aufgerissenem Maul (Foto: AP)
Angola, Nigeria, Ghana oder Ruanda - sie könnten zu den Löwenstaaten zählenBild: AP

Zugegeben, vielleicht ist der Mobilfunkmarkt ein Sonderfall, mit dem selbst auf dem afrikanischen Kontinent Geld zu machen ist - sehr viel Geld, wenn man denn bereit ist, sich die Wünsche und Besonderheiten des Marktes genau anzusehen.

Ein Unternehmer aus Kenia hat zum Beispiel die Bezahlfunktion per Mobilfunktelefon auf den Markt gebracht, weil es viel mehr Afrikaner mit einem Handy als Afrikaner mit einem Bankkonto gibt. "Und diese Bezahlfunktion via Mobilfunk setzt zum Siegeszug in ganz Afrika an", sagt Hartmut Sieper, Geschäftsführer von Trans Africa Invest im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

Laut Euromonitor International verdienten Telefondienste 2009 in Afrika über 40 Milliarden US-Dollar. Und auch wenn der Mobilfunkmarkt seinesgleichen sucht, so zeigt das Beispiel doch: Wer den Afrikanern nicht einfach nur fertige Lösungen vor die Nase setzt, sondern auf Kundenwünsche eingeht, kann gute Geschäfte auf dem afrikanischen Kontinent machen - und das gilt nicht nur für Unternehmer aus Kenia.

Ansprüche afrikanischer Kunden ernst nehmen

Ein Masai mit Handy vor Graslandschaft (Foto: picture alliance/Ton Koene)
Weit und breit keine Bank - aber telefonieren gehtBild: picture-alliance/Ton Koene

Auch Unternehmer aus Europa haben den Schwarzen Kontinent entdeckt: Ein großer deutscher Konzern, der im Deutschen Aktien-Index DAX gelistet ist, bereitet in diesen Tagen eine komplette Afrika-Strategie vor, sagt Sieper. Nächstes Jahr soll sie in die Tat umgesetzt werden soll - mehr darf Sieper allerdings nicht verraten.

Der Schweizer Nestlé-Konzern verkauft abgefülltes Wasser, Milo-Getränkepulver und Maggi-Würfel - angepasst an den Geschmack der afrikanischen Kundschaft und gerne portionsweise, damit auch Menschen mit niedrigen Einkommen zugreifen können.

Und der deutsche Chemiekonzern BASF hat vor einem Jahr wieder ein eigenes Vertriebsnetz in Nairobi aufgebaut, sagt Michael Monnerjahn vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Angefangen habe BASF mit zwei Leuten, mittlerweile habe man dort zwölf Angestellte und Anfang Dezember dieses Jahres sei BASF in ein größeres Büro umgezogen - mit Platz für 25 Leute. "Und wenn ein Unternehmen wie BASF sich entscheidet, in so eine Region zurückzukehren", ist Michael Monnerjahn vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft überzeugt, "und dann so ein Wachstum umsetzen kann, zeigt das: Da ist ein enorm wichtiger Markt."

Das BASF Betriebsgelände mit dem Verwaltungsgebäude (Foto: dpa)
BASF - in Ludwighafen daheim, in Nairobi auf der Suche nach neuen MärktenBild: picture-alliance/dpa

Reformen und Rohstoffe

Hauptsächlich zwei Entwicklungen machen den afrikanischen Kontinent für Unternehmen aus Europa so interessant: Da ist zum einen die Erkenntnis, dass Rohstoffe endlich oder knapp sind, und dass Europa Afrika braucht, um seine Rohstoffnachfrage befriedigen zu können.

Schon heute, sagt Monnerjahn zu DW-WORLD.DE, beziehe Deutschland 20 Prozent seines Erdöls aus Afrika - überdurchschnittlich viel verglichen mit anderen Ländern. Nahrungsmittelhersteller wie Mars oder Kraft brauchen Kakao oder Kaffee und müssen sich plötzlich mit China um das begrenzte Angebot streiten.

Gleichzeitig hätten sich die politischen Bedingungen in vielen afrikanischen Ländern deutlich verbessert: Die Inflation ist zurückgegangen, die Staatsschulden sind in vielen Staaten deutlich geringer als noch Mitte der 90er-Jahre. "Die Politik insgesamt", sagt Monnerjahn, "ist in vielen Ländern wirtschaftsfreundlicher geworden."

Höchstes Wirtschaftswachstum weltweit

Eine Ölförderstation mit fünf Plattformen vor der Küste Cabindas in Angola
Ölförderung vor der Küste Cabindas in Angola - Öl machte das Land reichBild: AP

So könne man in Ruanda innerhalb von zwei Tagen ein Unternehmen gründen, sagt Hartmut Sieper von Trans Africa Invest. Stabile Rechtssysteme wie in Sambia, Botswana oder Mauritius würden ausländischen Unternehmen im Zweifelsfall zu ihrem Recht verhelfen. Das führe dazu, dass nicht nur die klassischen Investitionsländer im Norden Afrikas und Südafrika für Unternehmer interessant seien.

Hinzu komme die positive Wirtschaftsentwicklung gerade in den Ländern, die bisher weniger im Fokus europäischer Investoren gestanden hätten. Die erzielbaren Renditen dort seien höher als in anderen Weltregionen. Angola beispielsweise hatte nach Angaben der OECD die letzten zehn Jahre ein durchschnittliches jährliches Wachstum von zwölf Prozent, Nigeria und Äthiopien immerhin noch von neun Prozent. Der gesamt Kontinent bringt es in diesem Zeitraum im Schnitt auf 5,5 Prozent. Und das wiederum bringe ganz neue Kundschaft: eine neue Mittelschicht.

Die sei zwar - prozentual gesehen - noch sehr klein, sagt Hartmut Sieper, wachse aber rasch. Und in einem Land wie Nigeria mit 150 Millionen Einwohnern bedeute eine kleine, aber rasch wachsende Mittelschicht immerhin "viele Millionen Menschen, die als Konsumenten in Frage" kämen. Außerdem seien die Bevölkerungen Afrikas sehr jung - und junge Menschen, da ist sich Sieper sicher, seien konsumfreudiger als ältere Menschen.

Afrika: Zukünftiger Standort für Agrarprodukte?

Landschaft mit Baum in Äthiopien (Foto: picture alliance)
In Afrika gibt es viel Land, das möglicherweise als Ackerland genutzt werden könnteBild: picture alliance/imagestate/Impact Photos

Löwenstaaten werden die Aufsteiger Afrikas genannt, in Anlehnung an die asiatischen Tigerstaaten. Sieper findet den Vergleich gar nicht so verkehrt, auch wenn er sich nicht vorstellen kann, dass Afrika einmal Technologiestandort wird.

Müsse der Kontinent aber auch nicht, denn schließlich gebe es ganz andere Bereiche, wie beispielsweise die Landwirtschaft. "Von allen ungenutzten Flächen, die die Welt noch für Agrartätigkeiten zur Verfügung hat, liegen 60 Prozent in Afrika", sagt Sieper. Die steigende Weltbevölkerung mache es unumgänglich, diese zu nutzen, um alle ernähren zu können.

Führe man sich vor Augen, dass immer noch viele Agrar-Produkte aus Europa, Amerika oder Asien importiert würden, diese aber lokal produziert werden könnten, und dass viele Agrar-Güter unveredelt aus Afrika exportiert würden, anstatt sie in Afrika zu verarbeiten, könne man sich vorstellen, welch interessante Geschäftspotentiale noch darauf warteten, von Investoren ausgeschöpft zu werden.

Autorin: Jutta Wasserrab
Redaktion: Henrik Böhme