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Afrika-Cup: Schaufenster der Krise

Florian Bauer
28. Januar 2017

Der Afrika-Cup in Gabun geht in die entscheidende Phase. Der Fußball-Kontinentalwettbewerb ist im Gastgeberland umstritten. Kritiker sagen, das Turnier solle nur von den massiven Problemen in Gabun ablenken.

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Gabun Africa Cup 2017 - Straßenverkäufer in Libreville
Bild: Getty Images/AFP/S. Jordan

Es ist einiges los vor dem Stade d'Angondjé in Libreville, dem größten Stadion des Afrika-Cups in Gabun, Fassungsvermögen etwa 40.000 Zuschauer. Hunderte Fans kreischen und tröten, bemalt in bunten Farben, Hüte und Fahnen tragend. Sie kommen aus Kamerun oder Burkina Faso, aus Algerien, Tunesien oder dem Gastgeberland Gabun. Eine Frau auf der Straße direkt am Stadion hat die Flagge Gabuns auf der Wange, sie will dringend etwas sagen. "Für uns ist es gut, dass der Cup jetzt in Gabun ist", sagt sie. "Klar war es schwer nach den turbulenten Wahlen. Aber das ist eine Chance, für uns als Volk wieder zusammen zu kommen." Denn Gabun, dieses weltweit kaum bekannte Land, das nun eines der größten Sportereignisse des Jahres veranstaltet, ist in der Krise. Politisch und wirtschaftlich. Der Afrika-Cup scheint da gerade recht zu kommen.

Straßenschlachten nach der Wahl

Gabuns Militär zerstört Strassensperren in Libreville. Foto: Getty Images
Aufräumarbeiten nach den UnruhenBild: Getty Images/AFP/M. Longari

Ende August gewann Amtsinhaber Ali Bongo Ondimba die Präsidentschaftswahl nur mit hauchdünnem Vorsprung. Die Opposition witterte Wahlbetrug. Auch Wahlbeobachter der Europäischen Union zweifelten das Ergebnis an. Es folgten tagelange Straßenschlachten, die Regierung sprach anschließend von drei bis sieben Toten, die Opposition von hunderten. Seit fast 50 Jahren ist die Familie Bongo in Gabun an der Macht.

Mehr als 20 Prozent Arbeitlose

Die größte Universität des Landes heißt wenig überraschend Omar Bongo, benannt nach dem langjährigen Präsidenten und Vater des jetzigen. Hier unterrichtet der Schriftsteller und Professor Noel Bertrand Boundzanga. Wer einen zurückhaltenden Analytiker erwartet hat, sieht sich getäuscht. Boundzanga wird deutlich. "Wir sind nicht gegen den Fußball, wir lieben ihn. Aber man kann doch nicht über 700 Millionen Euro in Fußballspiele investieren in Zeiten der politischen und wirtschaftlichen Krise. Wenn nebenan Stühle und Tische in den Schulen fehlen und es nicht genug Medikamente in den Krankenhäusern gibt. Es fehlt an allem." Gabun lebt vom Öl. Und weil der Ölpreis am Boden ist, geht es vielen in Gabun schlecht. Die Arbeitslosigkeit soll weit über 20 Prozent liegen. Viele Menschen sind in den letzten Monaten entlassen worden. Das Schuljahr begann einen Monat später, weil die Lehrer monatelang kein Gehalt bekommen hatten.

Fußballverrückter Präsident

Präsident Bongo bei der Neueröffnung des Stadions in Oyem. Foto: Getty Images
Bongo bei der Neueröffnung des Stadions in OyemBild: Getty Images/AFP/S. Jordan

Die Regierung aber sieht den Afrika-Cup nicht als Versuch, das angeschlagene Image zu polieren. Im Interview mit dem deutschen Fernsehsender ARD weist die Sportministerin des Landes, Yolanda Assélé-Ebinda, alle Vorwürfe zurück. "Wir haben einen Präsidenten, der den Fußball anbetet, den Sport generell", sagt die Ministerin. "Seitdem er Präsident ist, seit 2009, nutzt er den Sport als Schaufenster unseres Landes. Und so etwas wie der Afrika-Cup hilft uns, die Infrastruktur auszubauen."

Und dann lädt Ali Bongo Ondimba, der Staatspräsident, plötzlich die ARD Sportschau, WDR Magazin Sport Inside und die DW zum Exklusivinterview in seinen Palast. Aber er kommt nicht allein. Pierre Emerick Aubameyang, der Star des Landes, sein Star von Borussia Dortmund, ist auch dabei. Er gibt sich aber politisch zurückhaltend und sagt, er denke, "das ist was Tolles, den Afrika-Cup gerade jetzt hier zu haben. Der Fußball kann uns helfen, das Land wieder zu vereinen."

Ägyptens Spieler jubeln vor leeren Rängen. Foto: dpa-pa
Torjubel vor leeren Tribünen - wie hier beim Spiel zwischen Ägypten und Ghana in Port GentilBild: picture alliance/dpa/Photoshot/W. Zain

Der Staatspräsident hingegen ist überschwänglich. "Wir haben den Afrika-Cup als Projekt für unsere gesamte wirtschaftliche Entwicklung genutzt." Auf die Rückfrage, ob man denn wirklich zwei weitere neue Stadien brauchte, in einem solch kleinen Land, antwortet Ali Bongo Ondimba: "Natürlich. Das ist doch keine verlorene Infrastruktur. Rund um die Stadien. In der Stadt Port Gentil haben wir zum Beispiel viele neue Straßen gebaut."

Zwei neue Stadien - meistens leer

Der Afrika-Cup in Zeiten der Krise ist ein besonderer. 700 Millionen Euro wurden investiert, zwei neue Stadien gebaut. Für die Fußball-Fans Gabuns. Für das Ansehen des Präsidenten. Beim Turnier sind die Stadien aber meistens ziemlich leer. Viele Gabuner boykottieren den Cup. Da wirkt er dann eher wie das Schaufenster der Krise.