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Adolfo Perez Esquivel: Demokratie kann nicht auf Straffreiheit aufbauen

23. März 2006

Argentinischer Friedensnobelpreisträger im Interview von DW-WORLD.DE

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"Der deutsche Staat soll die Schuldigen an den Entführungen verfolgen sowie die Fälle von Unternehmen, die die Diktatur aktiv unterstützt haben": Adolfo Perez EsquivelBild: Leidel
Der argentinische Menschenrechtler und Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel hat aus Anlass des 30. Jahrestages des Militärputsches in Argentinien (24. März) einen "verstärkten Kampf gegen die Straffreiheit" in seinem Land sowie in ganz Lateinamerika gefordert. "Auf Straffreiheit kann unmöglich ein demokratischer Prozess aufbauen", sagte Esquivel in einem Interview von DW-WORLD.DE. "Vor allem im Hinblick auf die Entwicklung eines kritischen Bewusstseins und demokratischer Werte sind wir in Argen-tinien vorangekommen." Die Regierung unter Staatspräsident Néstor Kirchner habe jetzt das Befehlsnotstandsgesetz für nichtig erklärt, das "den Schuldigen am Militärputsch 1976 im Voraus die Immunität zugesprochen hatte". Esquivel: "Argentinien ist wohl das Land Südamerikas mit den größten Erfolgen im Kampf gegen die Straffreiheit."

Nun sei die Justiz gefordert, den "Grad der Schuld jedes Einzelnen zu bestimmen". Demokratie bedeute gleiche Rechte für alle "und nicht Straffreiheit". Diese herrsche indes in den meisten lateinamerikanischen Ländern immer noch vor. Der Militärdiktatur in Argentinien von 1976 bis 1983 waren etwa 30.000 Menschen zum Opfer gefallen.

Zur aktuellen Menschenrechtslage in seiner Heimat sagte Esquivel der Deutschen Welle, "allein in den Gefängnissen der Provinz Buenos Aires sind seit dem Jahr 2000 4.500 Fälle von Folter registriert worden. Hier brauchen wir einen grundlegenden Wandel."

An die deutsche Justiz appellierte der 74-jährige Nobelpreisträger, mit Nachdruck herauszufinden, "was mit den entführten und verschwundenen Deutschen in Argentinien passiert ist. Der deutsche Staat soll die Schuldigen an den Entführungen verfolgen sowie die Fälle von Unternehmen, die die Diktatur aktiv unterstützt haben, wie Mercedes Benz."
23. März 2006
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