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Ade, Jugoslawien

10. Februar 2003

84 Jahre nach seiner Gründung verschwindet Jugoslawien von der Landkarte. Aus den Trümmern der Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg entstanden, wurde das Land im Innern nie eins.

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Noch weht die jugoslawische Fahne über dem Parlament in BelgradBild: AP

Eine lose Union aus Serbien und Montenegro soll künftig den ohnehin nur noch als Rumpf vorhandenen Bundesstaat Jugoslawien ersetzen. Die Delegierten beider Parlamentskammern in Belgrad haben nun (4. Februar 2003) in der gemeinsamen Sitzung die Grundlagen der künftigen Verfassung festgelegt. Das serbische und das montenegrinische Parlament hatten der Verfassungsänderung schon in der vergangenen Woche zugestimmt.

Keine Vorherrschaft der Serben mehr

Dem von der Europäischen Union (EU) vermittelten Abkommen zufolge werden Serbien und Montenegro künftig nur noch durch eine minimale Bundesverwaltung für die gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik verbunden sein. Währung, Zollsystem und Wirtschaftspolitik sollen die Republiken dagegen in eigener Regie betreiben. Nach drei Jahren hat dann das nach Unabhängigkeit strebende Montenegro wie auch Serbien die Möglichkeit, eine Volksabstimmung über die vollständige Auflösung der Beziehungen zwischen beiden Staaten anzuberaumen. Eine Lösung, die vor über zehn Jahren, als die Balkankriege begannen, wünschenswert gewesen wäre.

Belgrad bleibt vorerst Hauptstadt der neuen Union, einige gemeinsame Institutionen werden hingegen ihren Sitz in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica haben. Obwohl sich der Staat Jugoslawien mit der Parlamentssitzung aufgelöst hat, werden die Bundesinstitutionen noch einige Wochen lang weiterarbeiten, bis ein neues Parlament, ein Präsident und der Ministerrat gewählt sind. Das neue Parlament soll 126 Abgeordnete haben, 91 aus Serbien und 35 aus Montenegro.

Zu viele Nationen unter einem Dach

Der Staat Jugoslawien war 1918 als Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen gegründet worden. Die südslawischen Völker, zuvor teilweise von Österreich-Ungarn beherrscht, mussten in dem Kunstgebilde zusammenfinden, das immer schon am Konflikt vor allem zwischen Serben und Kroaten - den beiden größten Völkern - krankte. Serben, Kroaten, Slowenen, Montenegriner, Mazedonier und muslimische Bosnier, dazu Albaner und Ungarn waren in dem Staat versammelt.

Bereits im Zweiten Weltkrieg war das Land unter deutscher Besatzung gespalten, die Kroaten kollaborierten mit den Nationalsozialisten, die Serben kämpften im Widerstand. Nach 1945 wurde Jugoslawien unter kommunistischer Regierung in eine Föderation von sechs Republiken umgewandelt. Serbien mit der zahlenmäßig stärksten Bevölkerung dominierte das Land im Innern. Zu Beginn der 90er Jahre fiel die Föderation in mehreren blutigen Bürgerkriegen auseinander, auch der Hass aus dem Zweiten Weltkrieg entlud sich erneut. Die meisten der Republiken sind seither selbständig. Seit 1992 gehörten nur noch Serbien und Montenegro zu Jugoslawien.

Übergangsgebilde für die endgültige Abwicklung?

Auch der neue Staat präsentiert sich jedoch als ein Provisorium auf dem Weg zur Trennung von Serben und Montenegrinern. Vor allem auf Druck der EU kam der Kompromiss zustande. In Anspielung auf die Vermittlung des EU-Chefdiplomaten Javier Solana wird der neue Bund schon als "Solanija" verspottet. Zu viele Kompromisse zwischen Serbien und Montenegro gibt es, sagen Kritiker. So hat Serbien-Montenegro keine Hauptstadt, aber mit dem Euro und dem Dinar zwei Währungen. Prominentestes politisches Opfer des Endes Jugoslawiens ist Präsident Vojislav Kostunica. Ihm kommt der Staat abhanden. (dk)