1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Abwasser als Ressource

6. Dezember 2011

Wasser ist natürlich ein wertvolles Gut. Aber auch Abwasser kann wieder einen großen Wert haben.

https://p.dw.com/p/13NNx
Frau steht neben Wasseraufbereitungsbecken (Foto: DW)
Auch Abwasser kann ein wertvolles Gut sein

Was machen wir, wenn wir uns einen Tee kochen, das Haus putzen oder die Blumen gießen wollen? Ganz klar: Wir drehen den Wasserhahn auf. Für uns ist dies eine ganz alltägliche Handlung - in vielen Teilen der Welt ist der einfache Schritt dagegen purer Luxus. Nach UN-Angaben leben noch immer mehr als eine Milliarde Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser, mehr als zwei Milliarden haben keine sanitären Einrichtungen. Das entspricht fast einem Drittel der Weltbevölkerung.

Mädchen trinkt frisch gepumptes Wasser (Foto: CC/waterdotorg)
Sauberes Wasser bedeutet gesundes LebenBild: CC/waterdotorg

Und das Problem wird immer brisanter. Eine wachsende Weltbevölkerung, der ansteigende Ressourcenverbrauch der Industrie, der Klimawandel, eine veränderte Landnutzung - das alles führt dazu, dass die Ressource Wasser in Zukunft knapper wird. Nach Berechnungen des Intergovernmental Panel On Climate Change (IPCC) könnten sich bis 2025 die Frischwasservorräte in Entwicklungsländern um die Hälfte verringern, in Industrieländern um ein Viertel.

Wasser ist wichtig für Entwicklung

Dabei ist Wasser lebenswichtig. Der Zugang zu fließendem Wasser sei auch eine Voraussetzung für Entwicklung, erklärt Erik Harvey, Experte für Wasser und Abwasser der britischen Nichtregierungsorganisation WaterAid. "Der Mangel an Trinkwasser kann dazu führen, dass Kinder nicht zur Schule gehen und Erwachsene keine Möglichkeit haben, einen Job anzunehmen", weil sie den ganzen Tag damit beschäftigt sind, Wasser vom nächsten Fluss oder Brunnen zu holen.

Gleichzeitig ist jedoch nicht nur der Mangel an Trinkwasser ein Problem, sondern auch dessen Qualität. Ein Großteil des Wassers, das die Menschen in ärmeren Ländern trinken, ist verschmutzt und Quelle von Krankheiten. Oftmals fehlt es an einer funktionierenden Abwasserversorgung, Gülle verschmutzt das Oberflächenwasser und damit das Trinkwasser. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO und des Kinderhilfswerkes UNICEF gehen bis zu 80 Prozent der Krankheiten in Entwicklungsländern auf dieses verschmutzte Wasser zurück. Besonders Kinder sind davon betroffen. "Circa 17 Prozent der weltweiten Sterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren hat seine Ursachen in Durchfallerkrankungen. Das sind mehr Fälle als durch Malaria und HIV zusammen", erklärt Therese Dooley, Expertin für Hygiene bei UNICEF.

Investitionen machen sich bezahlt

Auch die internationale Gemeinschaft hat erkannt, wie wichtig sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen sind. Sie hat den Zugang zu Trinkwasser und eine funktionierende Abwasserversorgung zu einem der Millennium-Entwicklungsziele (MDG) gemacht. "Doch gibt es wahrscheinlich kein MDG, das weiter von der Einhaltung entfernt ist", sagt Dooley.

Menschen sammeln Wasser aus einem Fluss (Foto: CC/waterdotorg)
Viele Menschen, wie hier in Äthiopien, legen täglich viele Kilometer zurück, um Wasser zu holenBild: CC/waterdotorg

Dabei würden sich Investitionen in diesem Bereich um ein Vielfaches bezahlt machen. Die WHO schätzt, dass jeder Dollar, der in Wasserversorgung und Abwasseraufbereitung investiert wird, bis zu sieben Dollar Gewinn bringt. Allein, weil sie die Lebensbedingungen verbessern.

Der Grund für den bisherigen Misserfolg liege nicht am geringem Engagement, sagt Ned Breslin, CEO der amerikanischen NGO Water for People. "Es gibt genügend Geld und Projekte." Doch viele Ansätze konzentrierten sich nur auf die technische Seite: "Sie sehen: 'Oh, die Menschen haben kein Wasser. Dann bauen wir eine Pumpe!' Doch so einfach ist das nicht." Man müsse auch danach noch die Projekte betreuen und die Menschen vor Ort stärker einbeziehen. Denn die lokale Bevölkerung muss das Projekt annehmen und dafür die Verantwortung übernehmen. "Dann werden sie irgendwann nie wieder eine NGO benötigen", sagt Breslin.

Neben dem Bau von Wasseranlagen ist die Nutzung des Abwassers ein wichtiger Schritt. Essentiell ist dabei eine Trennung von Wasser in unterschiedliche Verschmutzungsgrade. Regenwasser beispielsweise muss weniger stark gereinigt werden als Wasser, das mit Fäkalien verschmutzt ist. Doch laut dem Wasserexperten Harvey wird genau dieses stark verunreinigte Wasser mit dem restlichen Abwasser vermischt. Es zu reinigen, sei sehr kompliziert. Würden beide allerdings von vornherein getrennt, so könne man sehr leicht das Regenwasser filtern und es dann zu Trinkwasser machen.

Mit Abwasser Geld verdienen

Viele der neuen Anlagen zur Wasseraufbereitung sind kostengünstig, weil sie fast ohne Energie von außen auskommen. Durch Wärmeaustausch zwischen den Wasserströmen oder durch Vergärung mit Hilfe von Bakterien wird die notwendige Energie erzeugt.

Menschen stehen an einer offen liegenden Abwasserleitung (Foto: CC/Paul Evans-GR&B)
Keime im Abwasser sind eine Hauptursache von KrankheitenBild: CC/Paul Evans-GR&B

Das Fäkalien-Wasser selbst ist vielseitig einsetzbar, beispielsweise als Dünger oder in Biogas- und Biomasseanlagen, um Energie zu erzeugen. So gibt es nach Angaben des Think Tanks "Water, Sanitation & Supply Collaborative Council" in China schon heute circa fünf Millionen Mini-Biogasanlagen, in denen Haushaltsabfälle und Fäkalien zur Energieerzeugung genutzt werden. Ein vielversprechender Anfang, auch wenn die Zahl bei mehr als 1,3 Milliarden Einwohnern noch gering erscheint.

Ein Tank in einer Kläranlage in Indien (Foto: KfW-Bildarchiv/Fotograf:Joachim E. Roettgers)
Bei Kläranlagen ist es wichtig, dass die lokale Bevölkerung einbezogen wird. Denn sie sind nach dem Bau für die Anlagen verantwortlich.Bild: KfW-Bildarchiv/Fotograf:Joachim E. Roettgers

Außerdem bietet sich den Menschen hier eine Möglichkeit, Geld zu verdienen, indem sie die erzeugte Energie und den Dünger auf lokalen Märkten verkaufen. Viele NGOs unterstützen diesen Schritt mit Hilfe von Mikrokrediten, wie in Bangladesch oder Äthiopien. Für die Menschen in diesen Ländern ist Abwasser bereits eine Ressource, die ihnen hilft, ein besseres Leben zu führen.

Autorin: Michaela Führer
Redaktion: Klaus Esterluß