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Abseitsfalle für EU-Fußballvereine

Bernd Riegert, Brüssel13. April 2005

Die Globalisierung scheint selbst vor dem europäischen Fußball nicht halt machen zu wollen - zum Entsetzen vieler Fußball-Fans!

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Bernd Riegert

Da hört für eingefleischte Fußballfans der Spaß auf! Nach einem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) fürchten sie, dass hungrige Talente aus Afrika, Asien und der Karibik den grünen Rasen überschwemmen könnten. Volkes Stimme, in Gestalt der deutschen BILD-Zeitung, malt gar den Untergang des fußballerischen Abendlandes an die Wand. Was ist geschehen?

Der EuGH urteilte, dass auch Fußballprofis aus Staaten außerhalb der EU Spielerlizenzen in nationalen Fußballverbänden erwerben können, soweit sie eine gültige Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung haben. Im konkreten Fall hatte der Russe Igor Simutenkow seinen ehemaligen spanischen Verein Deportiveo Tenerife verklagt, weil der ihn nicht mit einer EU-Lizenz auflaufen lassen wollte. Das verstoße gegen die Antidiskriminierungsklausel für Arbeitnehmer, die die Europäische Union mit Russland in einem Partnerschaftsabkommen festgeschrieben hatte. Da die Europäische Union mit diversen Staaten, darunter auch 77 arme Entwicklungsländer in Afrika, der Karibik und im Pazifischen Raum, Partnerschaftsabkommen mit der entsprechenden Klausel abgeschlossen hat, glauben einige Sportrechtsexperten jetzt, dass das Urteil auch auf Kicker aus diesen Regionen anwendbar wäre.

Heimweh

Multikulti total wäre natürlich der Horror für den Fußballfan, der ja wenigstens den Eindruck haben möchte, er feuere Spieler an, die irgendwie mit seinem heimatlichen Verein verbunden sind. In der Bundesliga dürfen heute fünf Spieler aus Nicht-EU-Staaten in der Mannschaft sein. Theoretisch könnte diese Grenze fallen, aber die Vereine können dem durch eine überarbeitete Lizenzordnung entgegen treten, glaubt der Sportanwalt Dieter Frey. Außerdem gilt das Urteil ja nur für legal Beschäftigte, wenn also einfach keine Arbeitsgenehmigungen beantragt und erteilt werden für die jungen Wilden außerhalb Europas können die europäischen Spieler weiter im eigenen Saft schmoren.

Einen konsequent anderen Weg ist vor vier Jahren der belgische Erstliga-Verein KSK Beveren gegangen. Er hat mittlerweile 13 Spieler aus der Elfenbeinküste unter Vertrag, fast die komplette Nationalmannschaft des afrikanischen Staates. In Belgien gibt es nämlich keine Beschränkungen für den Einsatz ausländischer Spieler durch den Fußballverband.

Bosman war gestern

Das Urteil des EuGH gilt nicht nur für die Untertanen von König Fußball, sondern für alle Arbeitnehmer, die legal in der EU arbeiten. Sie dürfen wegen ihrer Nationalität nicht benachteiligt werden. Vor zehn Jahren hatte das Gericht mit dem so genannten Bosman-Urteil dafür gesorgt, dass Spieler aus der EU zwischen allen Ligen Europas frei hin- und her wechseln können. Mit dem neuen Urteil wird die Tür zur Welt einen Spalt breit geöffnet. Profi-Fußball ist eben kein Nationalheiligtum, keine romantische Brauchtumspflege mehr, sondern knallhartes Geschäft. Und vor dem macht die Globalisierung nicht halt.