1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

589 Meter für 4000 Airbus-Jobs

6. Dezember 2004

Airbus, die Hansestadt Hamburg und die Bundesrepublik Deutschland: Sie sind die Gegenspieler der kleinen Pankratius-Gemeinde in Hamburg-Neuenfelde. Der Streit um eine Startbahn hält auch nach einer turbulenten Woche an.

https://p.dw.com/p/5uSZ
Zu kurz für die neuen Maschinen: die alte Startbahn FinkenwerderBild: AP

Es ist eine ganz einfache Sache: Airbus würde gerne einen großen Teil der Maschinen vom Typ A 380 in Hamburg-Finkenwerder bauen. 1700 Arbeitsplätze hat das europäische Flugzeugkonsortium dafür inzwischen geschaffen. Bestellungen für das größte Flugzeug der Welt liegen auch schon vor. Insgesamt rund 140 Maschinen sollen gebaut werden, die Hälfte davon in Hamburg. Einen Plan zur Auslieferung gab es auch schon: Im Sommer 2006 sollte die Maschine über die neu errichtete Startbahn rollen.

Airbus-Gespräche in Hamburg erfolglos verlaufen
Airbus rollt auf die Startbahn des Werkes in Hamburg-FinkenwerderBild: dpa Zentralbild

Genau hier liegt aber der Haken dieses Projektes: Für die schwere Frachtversion des A 380 ist die Startbahn in Finkenwerder bisher 589 Meter zu kurz. Das Unternehmen hat eine Verlängerung auf eine Gesamtlänge von 3200 Metern beantragt. Damit reicht die Startbahn an das Dorf Neuenfelde heran. Genauer: An Obstplantagen und drei Grundstücke, deren Besitzer sich bislang geweigert haben, ihr Land zu verkaufen.

Streit, Gespräche, Funkstille

Monatelang schwelte der Streit zwischen Stadt, Unternehmen sowie einigen Unbeugsamen in Neuenfelde. Mitte Oktober versuchte Airbus eine Entscheidung zu forcieren und setzte ein Ultimatum: Bis Ende November sollten die Anwohner eine Entscheidung treffen. Außerdem verbesserte man nochmals das Angebot: Den zehn Anwohnern und der Kirchengemeinde bot man mehr Geld und Ersatzgrundstücke an, dem Dorf einen Fonds von drei Millionen Euro. Damit solle Neuenfelde "in seiner ganzen Schönheit erhalten" werden, versprach Airbus-Geschäftsführer Gerhard Puttfarcken. Hamburgs Bürgermeister legte noch einen drauf und kündigte an, es werde über die 589 Meter hinaus nie mehr eine weitere Verlängerung geben.

Airbus-Gespräche in Hamburg erfolglos verlaufen
St.Pankratius in Neuenfelde gibt nicht nachBild: dpa Zentralbild

Doch die Gespräche blieben ohne Einigung. Inzwischen verlagerte Airbus einen Teil der Produktion ins Stammwerk nach Toulouse. Das "Hamburger Abendblatt" spekulierte sogar über das vorzeitige Ende für Hamburg als Produktionsstandort des A 380. Ende Oktober demonstrierten Angestellte des Airbus-Werkes in Neuenfelde gegen die aus ihrer Sicht sturen Anwohner. Am vergangenen Mittwoch (24.11.) kam dann die Schreckensmeldung für Airbus und Stadt: Der Kirchenvorstand der Sankt-Pankratius-Gemeinde brach die außergerichtlichen Verhandlungen ab. "Das Vorhaben ist laut Beschluss des Hamburger Oberverwaltungsgerichts nicht gemeinnützig, sondern rechtswidrig. Die Kirchengemeinde hält sich daran, zumal sie dem Gemeinwohl verpflichtet ist", so der Kommentar.

Enteignung als letzter Ausweg?

Nach der Entrüstung über die aus seiner Sicht absolut nicht gemeinnützig handelnden Kirchenleute kündigte Hamburgs Oberbürgermeister Ole von Beust eine Rückkehr zur alten Strategie an. Die Stadt werde parallel zu weiteren Kompromiss-Versuchen prüfen, "welche Möglichkeiten eines erneuten Enteignungsverfahrens es gibt", so von Beust am Donnerstag (25.11.). Er hofft darauf, dass jener Beschluss der Oberverwaltungsgerichtes nicht mehr gelte, wonach der Ausbau nicht gemeinnützig sei. " Weil mittlerweile viel mehr Bestellungen für Airbus-Flugzeuge vorliegen, wird das Gericht die Gemeinnützigkeit diesmal anerkennen."

Airbus gibt Hamburg Zeit

Es bleibt eine einfache Angelegenheit: Airbus setzt weiter auf Hamburg als Alternative zu Toulouse. Und deswegen nahm das Unternehmen einen Teil des Zeitdrucks aus dem Streit. Der Hamburger Senat bekommt rund eineinhalb Jahre mehr Zeit, um die Grundstücke für die längere Startbahn über eine Enteignung zu beschaffen. Bis ungefähr Mitte 2007 die Hamburger Startbahn fertig ist, wird der A 380 in Toulouse produziert. Diese Änderung kostet das Unternehmen Geld und Aufwand. "Airbus steht zum Standort Hamburg; das gilt auch für die internationale Leitung in Toulouse", sagte Airbus-Geschäftsführer Puttfarcken. Fragt sich nur, ob das auch ohne die 589 Meter gilt. (bde)