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Glaube

Katechismus Glaubensbekenntnis

Hollenbach, Michael18. Januar 2013

Der Heidelberger Katechismus ist das Glaubens- und Lehrbuch der reformierten Kirche. 1563 in der Kurpfalz verfasst, wurden die 129 Fragen und Antworten in 40 Sprachen übersetzt. Bis heute ist der "Heidelberger" prägend.

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Heidelberger Katechismus Zulieferer: Klaus Krämer Verschiedensprachige Ausgaben vom Heidelberger Katechismus Der Abdruck der Fotos ist kostenfrei. Bitte geben Sie als Quelle für alle Fotos an: ©AleidaSiller, heidelberger-katechismus.net Aleida Siller
Bild: Aleida Siller

Am 19. Januar 1563 setzte der kurpfälzische Fürst Friedrich III. seine Unterschrift unter das Vorwort des Heidelberger Katechismus. Ein Katechismus, das ist eine Art Handbuch zur Unterweisung in Fragen des christlichen Glaubens. Der "Heidelberger", wie er meist kurz genannt wird, grenzte sich einerseits von bestimmten Lehren der Lutheraner ab, hatte aber weitgehend eher einen Konsenscharakter, sagt der reformierte Theologe Martin Heimbucher. Die Autoren, vor allem der Heidelberger Theologieprofessor Zacharias Ursinus, holten sich zum Beispiel Rat beim Lutheraner Philipp Melanchthon, dem wichtigsten Mitstreiter der Reformators Martin Luther. Natürlich sind auch die Einflüsse der Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin nicht zu übersehen. "Es ist eine schöne bunte Mischung entstanden. Aber dieser Katechismus ist kein Flickenteppich, sondern ein eigener neuer Ansatz. Deswegen hat er diese große Wirkung gehabt."

Der "Heidelberger" wurde nicht geliebt

Heidelberger Katechismus Zulieferer: Klaus Krämer Heidelberger Katechismus: Oberkirchenrat Dr. Martin Heimbucher, Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Rechte: Die Rechte liegen bei Dr. Heimbucher. Wir dürfen das Foto kostenfrei verwenden.
Dr. Martin HeimbucherBild: Martin Heimbucher

Mit 129 Fragen und Antworten versucht der Heidelberger Katechismus die ganze Bandbreite der reformierten Theologie abzudecken. Als eine Art kurze Zusammenfassung des reformierten Glaubens wird oft die erste Frage gesehen: "Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre." Diese Frage samt Antwort, die noch wesentlich länger ist, wird bisweilen heute noch von Konfirmanden auswendig gelernt. Aber nur noch diese. In früheren Zeiten mussten die Schülerinnen und Schüler den gesamten Katechismus auswendig lernen. In reformierten Regionen waren über Jahrhunderte der Heidelberger Katechismus und die Bibel sogar die wesentlichen Grundlagen der Schulbildung. "Er wurde nicht immer geliebt, und er ist bis heute kein beliebter Katechismus. Er war zu lang und schwer auswendig zu lernen", räumt Martin Heimbucher ein. Der promovierte Theologe arbeitet in Hannover im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der kleine Katechismus von Martin Luther versuche dagegen, Glaubensfragen schnell auf den Punkt zu bringen, sagt der 57-Jährige. Da sei der "Heidelberger" schon etwas anspruchsvoller und komplizierter gestrickt. "Wenn ich manche Frage und Antwort heute vorlese, sagen selbst Theologen: 'Moment. Lesen Sie das noch einmal‘.“

Brauchen Christen noch ein Glaubensbekenntnis?

Der Heidelberger Katechismus gliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten Teil geht es um die Erkenntnis des Menschen, dass er ein Sünder sei; im zweiten Teil um die Erkenntnis der Erlösung: Hier findet sich auch eine Erläuterung des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Der dritte Teil widmet sich schließlich der Ethik der Dankbarkeit des Gläubigen gegenüber Gott.

Blick vom Heidelberger Schloss auf die Heiliggeistkirche © Aleida Siller, heidelberger-katechismus.net
Heidelberg mit HeiliggeistkircheBild: AleidaSiller

Aber brauchen die Christen heute überhaupt noch einen 450 Jahre alten Katechismus? Ein Glaubensbekenntnis? Nein, haben zumindest schon im 19. Jahrhundert liberale Reformierte in der Schweiz gesagt. "Die liberale Theologie hat die Freiheit der einzelnen Gemeinde entdeckt. Man wollte frei sein vom obrigkeitlichen Zwang. Man wollte frei sein von Vorschriften der Oberkirchenräte, frei von klerikaler Bevormundung", sagt der Schweizer Pfarrer Rudolf Gebhard. Er hat seine Doktorarbeit über den Schweizer Streit um das rechte Bekenntnis geschrieben. Inspiriert von neuen Erkenntnissen der Naturwissenschaften und von der historisch-kritischen Methode der Bibelexegese wandte man sich u. a. gegen eine bestimmte Christologie. „Kritisiert wurde am apostolischen Glaubensbekenntnis die Jungfrauengeburt, das 'Hinabgestiegen in das Reich der Toten', also die Höllenfahrt Christi, dann das 'Sitzen zur Rechten Gottes'. Das waren alles Aussagen, die die liberale Theologie spirituell-geistig interpretierte und nicht wortwörtlich nehmen konnte." Andererseits fehlte ihnen im apostolischen Bekenntnis Wesentliches des reformierten Glaubens wie die Rechtfertigungslehre, also die Antwort auf die Frage, wie der sündige Mensch vor Gott bestehen kann. Sie vermissten außerdem ethische Aussagen wie die Bergpredigt. Die Folge: In der deutschsprachigen Schweiz konnte jede Gemeinde frei entscheiden, ob sie das alte Bekenntnis betet, ein neues entwirft oder ganz auf ein Bekenntnis im Gottesdienst verzichtet.

Neuer Trend

Heidelberger Katechismus Zulieferer: Klaus Krämer Darstellung Friedrich III., auch "Friedrich der Fromme" genannt, (der den Heidelberger Katechismus in Auftrag gegeben hat) am Heidelberger Schloss. Der Abdruck der Fotos ist kostenfrei. Bitte geben Sie als Quelle für alle Fotos an: ©AleidaSiller, heidelberger-katechismus.net Aleida Siller
In Stein gemeißelt: Friedrich III.Bild: Aleida Siller

Doch seit einigen Jahren sei eine gewisse Gegenbewegung zu beobachten, sagt Rudolf Gebhard. Es gebe wieder ein stärkeres Bedürfnis, den konkreten Glauben zu bekennen. Das sieht auch Martin Heimbucher so. Gerade in einer Zeit, in der viele Christen verunsichert seien, an was sie glauben sollen, kann ein Katechismus wie der "Heidelberger" hilfreich sein. So werde man zum Beispiel im Dialog mit Muslimen oft gefragt, wie denn die eigenen Glaubenspositionen seien. "Dann erleben wir ganz schnell, dass wir ins Stottern kommen. Und deshalb macht es heute für mich Sinn, sich mit dem Katechismus auseinanderzusetzen, um selber sprachfähig zu werden und erklären zu können, warum ich Christ bin und was das bedeutet."

Wenn das der kurpfälzische Fürst Friedrich III. geahnt hätte, als er den Katechismus vor 450 Jahren in Auftrag gab - eine erstaunliche Langzeitwirkung.