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Deutsche Einheit: Massiver Wandel im Osten

29. September 2015

Gut 25 Jahre ist es her, dass der damalige Bundeskanzler Kohl den Ostdeutschen "blühende Landschaften" versprach. Ein Vierteljahrhundert später zieht das Statistische Bundesamt eine gemischte Bilanz.

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DDR-Auto "Trabant" mit Blumen (Foto: Ralf Hirschberger/ZB)
Bild: picture-alliance/ZB/R. Hirschberger

Die vollständige Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West ist noch lange nicht erreicht. In einer Zwischenbilanz zu 25 Jahren deutsche Einheit sieht das Statistische Bundesamt den Osten Deutschlands weiter im Nachteil gegenüber den alten Bundesländern. Auf den zweiten Blick sind die Zahlen aber Ausdruck eines massiven Strukturwandels, in dessen Verlauf sich die Lebensbedingungen in den neuen Bundesländern zunehmend an den Westen angeglichen haben. Am 3. Oktober 1990 vollzog die DDR den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland und hörte damit auf, als Staat zu existieren.

Starke Abwanderung aus dem Osten

Zwischen 1991 und 2013 sei die Bevölkerung Ostdeutschlands um zwei Millionen auf rund 12,5 Millionen geschrumpft, sagte der Präsident des Bundesamtes, Roderich Egeler, in Berlin. Hauptursachen sind die hohe Abwanderung in die alten Bundesländer sowie eine niedrige Geburtenrate im Osten.

Bundeskanzler Kohl Anfang 1990 bei einer Wahlkampfveranstaltung in der DDR (Foto: dpa)
Bundeskanzler Kohl Anfang 1990 bei einer Wahlkampfveranstaltung in der DDRBild: picture alliance/dpa/H. Wieseler

Während von 1991 bis 2013 insgesamt 3,3 Millionen Menschen in die alten Bundesländer gezogen sind, gingen nach Angaben der Statistiker nur 2,1 Millionen Westdeutsche den umgekehrten Weg. In den Jahren 2012 und 2013 verlangsamte sich diese Entwicklung aber. 2013 sind sogar erstmals etwas mehr Menschen aus dem Westen nach Berlin und in die ostdeutschen Flächenländer gezogen als umgekehrt.

Die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern verlaufe inzwischen sehr unterschiedlich, heißt es in dem Papier "25 Jahre Deutsche Einheit" des Statistischen Bundesamtes. So gebe es mit Sachsen und Brandenburg inzwischen zwei ostdeutsche Länder, die einen ausgeglichenen oder sogar leicht positiven Wanderungssaldo hätten, während zugleich Thüringen und Sachsen-Anhalt anhaltend hohe Bevölkerungsverluste hätten.

Seniorinnen in Erfurt (Foto: picture-alliance)
Seniorinnen in ErfurtBild: picture alliance/chromorange

Mehr alte Menschen und mehr Arbeitslose

Neben dem Bevölkerungsschwund leidet der Osten der Behörde zufolge vor allem unter Überalterung sowie höherer Arbeitslosigkeit. So waren in den ostdeutschen Flächenländern vor zwei Jahren 63 Prozent der Einwohner älter als 40 Jahre, ein Anstieg um 17 Prozentpunkte gegenüber 1991. Doch auch in den westlichen Flächenländern waren 2013 mit einem Anteil von 57 Prozent deutlich mehr Menschen 40 Jahre oder älter als noch 1991 (47 Prozent).

Die ältere Bevölkerung Ostdeutschlands macht sich auch in den Erwerbstätigenzahlen bemerkbar. Im Jahr 2013 waren in Westdeutschland 34,2 Millionen Menschen erwerbstätig, was einem Zuwachs um 13,3 Prozent gegenüber 1991 entspricht. Dagegen schrumpfte der Anteil der Erwerbstätigen an der ostdeutschen Bevölkerung - Berlin ausgenommen - binnen 22 Jahren um 14,4 Prozent auf 5,8 Millionen.

Zugleich war die Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr in Ostdeutschland mit knapp unter zwölf Prozent fast doppelt so hoch wie im Westen. Im Vergleich zum Jahr 1997, als die Arbeitslosigkeit im Osten mit 17,7 Prozent 80 Prozent höher gelegen habe als noch 1991, habe sich die Situation aber deutlich gebessert, stellt das Bundesamt fest. Auch das Durchschnittseinkommen habe sich zwischen Ost und West angenähert, schreiben die Statistiker. Demnach liegt das Durchschnittseinkommen im Osten heute bei 76 Prozent des Westniveaus. 1991 habe dieser Wert noch bei 47 Prozent gelegen.

"Unterschiede aber auch Angleichung"

Egeler leitete aus den Zahlen insgesamt eine deutliche Angleichung ab: Zwar gebe es noch "deutliche Unterschiede, aber auch eine klare Konvergenz". Auch verliefen nicht mehr alle Unterschiede entlang der früheren Grenzen. Bis sich aber alle Kennziffern weitgehend angeglichen hätten, würden aber vielleicht nochmals 20 Jahre vergehen, sagte der deutsche Chefstatistiker.

wl/Sc (afp, epd)