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Mythos Chopin

1. März 2010

Chopin ist nicht nur der berühmteste Komponist und Pianist des 19. Jahrhunderts, sondern er gilt als Inbegriff des romantischen Künstlers schlechthin. Seine Klavierwerke gehören zum Standartrepertoire aller Pianisten.

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Chopin-Denkmal in Warschau (Foto: Außenministerium Polen)
Das Chopin-Denkmal im Lazienki Park in WarschauBild: Ministry of Foreigns Affairs of the Républic of Poland

Er habe dem Klavier seine Seele gegeben, heißt es. Chopins Klaviermusik gehört bis heute zur beliebtesten überhaupt, und er war einer der brilliantesten Pianisten des 19. Jahrhunderts. Der Komponist Robert Schumann schwärmte nach dem ersten Besuch eines Chopin-Konzerts: "Ein Genie". Chopins glänzende künstlerische Erscheinung und sein kurzes Leben waren prädestiniert für Verklärung und Legendenbildung: Ein von Krankheit geprägtes Dasein, ein Wunderkind, das in den polnischen Adelssalons auftrat, eine internationale Karriere als Klavier­virtuose und Komponist, eine fast 10-jährige – wie auch immer geartete - Beziehung zu der exaltierten Schriftstellerin George Sand. Ein früher Tod im Alter von 39 Jahren.

Wahrheit und Geniekult

Porträt Chopin (Foto: Ullstein)
Frédéric ChopinBild: ullstein bild - Lombard

Wie es sich für einen Mythos gehört, ist das genaue Geburtsdatum Fré­déric Chopins nicht eindeutig bekannt. Auf seiner Tauf­urkunde, die erst 50 Jahre nach seinem Tode entdeckt wurde, ist der 22. Februar 1810 vermerkt. Auch die Geburtsurkunde bestätigt dieses Geburtsdatum. Möglicherweise stimmt aber auch Chopins eigene Angabe, er sei am 1. März 1810 geboren. Doch was spielt das für eine Rolle, wenn es um einen Mythos geht, der mit seiner schillernden Mischung aus vermeintlichem Patriotismus, musika­lischem Genie, eroti­scher Aura und frühem, tragischem Tod bis heute eine unwiderstehliche Faszination und Anziehungskraft ausübt?

George Sand und Fré­déric Chopin: Eine Legende

Portrait George Sand (Foto: dpa)
Die französische Schriftstellerin und Journalistin George SandBild: dpa

"Bei den Damen kommt man mit Chopin viel weiter als mit Mozart." Dieser augen­zwin­kern­de Ausspruch des großen Pianisten Arthur Rubinstein kommt nicht von ungefähr. Frédéric Chopins gefeierte Konzerte hatten für die Damenwelt in Warschau wie in Paris eine ebenso erotische Aura wie die von Franz Liszt. Nur der war in seiner Jugend ein Beau und ein Casanova. Bei Chopin – der alles andere als eine Schönheit war - wird zurecht bezweifelt, ob er die Frauen überhaupt liebte. Seine zehnjährige "Beziehung" zu George Sand ist jedenfalls mehr Legende als Wirk­lichkeit. Der Katholik Frédéric Chopin vertrat konser­va­ti­ve Ansichten und verabscheute die Sexualität. George Sand pries dagegen die körperliche Liebe, pro­pa­gierte sozialistische Ideale und kriti­sierte die katholische Kirche. Die Nach­welt will davon nichts wissen, zu schön ist die Legende von der vermeintlichen Liebe zwischen der in Män­ner­kleidern auftretenden, Zigarre rau­chenden Schriftstellerin und dem immer kränkelnden, genialen Starpianisten. Ein Mythos lebt von Legenden.

Polnischer Nationalheiliger

Porträt Chopin (Foto: Ullstein Bild)
Frédéric ChopinBild: ullstein bild - adoc-photos

Chopin hat die Mazurka salonfähig gemacht. Er war zumindest musikalisch bekennender Pole. Doch sein Herz schlug für Paris, wo er die meiste Zeit seines Lebens verbrachte, wenn er nicht gerade auf Konzerttournee war. Er war ein Kosmopolit. Wie Liszt, wie Offenbach, wie Wagner. Beerdigt wurde er auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise. Doch sein Herz wurde – in Cognac eingelegt - nach Warschau gebracht, von seiner Schwes­ter Ludowika. Man hat es in eine Säule der Warschauer Heilig-Kreuz-Kirche einge­mauert. Dort wird es noch heute verehrt wie die Reliquie eines Nationalheiligen. Der Mythos vom "polnischen Chopin" feiert in diesem Jahr seinen touristischen Höhepunkt, denn das War­schau­er Touris­musbüro hat in der Altstadt einen "Chopin-Weg mit Chopin-Stationen" angelegt, einen "Weg zum Herzen von Chopin".

Autor: Dieter David Scholz

Redaktion: Gudrun Stegen

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