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Wie übers Klima reden?

Karin Jäger1. Februar 2016

Die Temperaturen steigen, Wetterextreme nehmen zu. Für Forscher ist der Klimawandel Tatsache, für Bürger schwer nachvollziehbar. Klimafakten.de will zur sachlichen Debatte beitragen, sagt Projektleiter Carel Mohn.

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Symbolbild Klimawandel in Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa/U. Lein

DW: "Klima - sprechen wir darüber" heißt Ihr Projekt. Müssten es nicht heißen: Sprechen wir über den Klimawandel, dessen Folgen und über Klimaschutz?

Carel Mohn: Ja, absolut. Noch wichtiger: Reden ist besser als schweigen. Aber Schweigen herrscht zurzeit vor in der Klimaschutzdebatte. Wir wollen das ändern.

Wer steckt hinter der Initiative?

Klimafakten.de ist ein gemeinnütziges Projekt, das ins Leben gerufen wurde, weil es in der Klimaschutz-Debatte eine Menge Menschen gibt, die verunsichert sind, nicht wissen, was von den Ergebnissen der Klimaforscher zu halten ist. Diesen Leuten wollen wir Fakten und Orientierung an die Hand geben, dass es den Klimawandel gibt und man Zweifel daran mit Argumenten belegen kann. In der Wissenschaft gibt es einen überwältigenden Konsens, dass menschliche Aktivitäten den Klimawandel verursacht haben. Und es gibt ganz klare Vorstellungen, was man auf der politischen und individuellen Seite konkret tun kann, um den Klimawandel aufzuhalten. Unser Alltag ist aber nicht von wissenschaftlichen Debatten geprägt. Wir wollen hier klar vermitteln, um politisches und gesellschaftliches Handeln in Gang zu bringen.

Carel Mohn
Carel Mohn: Wir wollen durch Kommunikation bestärkenBild: Privat

Klimakommunikation fördern

Wie wollen Sie das erreichen?

Es geht um alle Formen, in denen Menschen miteinander sprechen. Zum Beispiel Kunst, Literatur, Theater, Oper, Musik und Kirche. Hier setzen sich Menschen mit Themen auseinander, die Gefühle auslösen. Alle diese Formen sind auch geeignet, um sich mit den Klimathemen auseinanderzusetzen.

Jenseits der Kunst geht es um alltägliche Formen. Darum, was wir auch als Nicht-Wissenschaftler wissen können, und wie wir am Arbeitsplatz, in der Schule oder Uni, am Küchentisch darüber reden.

Mit fällt der Film "Der Plastikplanet" ein, der sehr eindrücklich die Vermüllung der Meere darstellt. Müsste mehr von solchen Beispielen produziert werden, um aufzurütteln?

Die Thematik sollte Alltagskultur werden, und in Kinofilmen und im Fernsehen thematisiert werden. Die TV-Serie "Lindenstraße" macht das vor.

Szenen von Meeresstrudeln, die von Plastik umgeben sind oder Eisbären in der Arktis wirken einerseits sehr bedrohlich, andererseits sind sie weit weg. Menschen schallten dann eher ab. Die typische Klimawandelkommunikation ist kontraproduktiv, weil sie Angst macht und teilweise Ohnmachtsgefühle auslöst. Wir überlegen, wie man mit diesen Effekten besser umgehen kann.

Arktis Erderwärmung
Klischeebild: Eisschmelze in der ArktisBild: picture alliance/dpa/Alfred-Wegener-Institut/S. Menze

Wie zum Beispiel?

Beim Thema Recycling verbinden sich Wissenschaft und Alltag. Und im Weltklimabericht (IPCC) steht, dass Abfallvermeidung und Recycling zu den wirksamsten Klimaschutzmaßnahmen zählen. Alle, die tagtäglich ihren Müll trennen, können diesen messbaren Beitrag der Eigeninitiative als Signal der Ermutigung wahrnehmen. Es geht es nicht um Extreme, sondern darum, einen pragmatischen Weg des Handelns einzuschlagen.

Wie man Zweifler zu erreichen versucht

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die Bundesregierung: Sie unterstützt Klimaschutzmanager finanziell, die dann Bürger bezüglich Klimaschutz und Energieeffizienz beraten.

Unser Ansatz ist es, diese Zielgruppe zu bestärken. Wir orientieren uns dabei an der angelsächsischen Debatte. In den USA, Kanada und Australien gibt es eine gezielte Bewegung, die den Klimawandel und die Wissenschaft dazu leugnet. In diesen Ländern haben sich Experten die Frage gestellt, wie man mit den Verschwörungstheoretikern umgehen soll. Hier gibt es wissenschaftlich fundierte Methoden, um mit der Herausforderung umzugehen. In Deutschland haben wir bisher darauf vertraut, den Menschen zu erzählen, wie schlimm das alles ist mit dem Klima - und dann machen die schon das richtige. Dieser Ansatz funktioniert aber nicht.

Mit welchen fundierten Methoden arbeiten Sie?

Bildergalerie Zehn Gründe für Bremen
Klimawandel als Erlebnis in Bremerhaven erfahrenBild: picture-alliance/dpa/Ingo Wagner

Zum einen haben wir auf unserer Webseite Fakten der Klimaforscher kurz und prägnant zusammengestellt. Ein anderer Ansatz sind beispielsweise Fotos. In den Medien begegnen einem immer die gleichen Bilder von Eisbären auf schmelzenden Schollen oder Dürren in Afrika. Wir wollen Bilder zeigen, die uns vor Ort ansprechen, die mit unserer Wirtschaft, unserem Alltag zu tun haben und Lösungen aufzeigen. Ein Foto von einer radelnden Familie in einer intakten Umwelt hat im Zusammenhang mit dem Klimawandel eine andere Wirkung als ein Foto, das ein verdorrtes Maisfeld in Afrika zeigt.

Wir fragen uns auch, was motiviert uns, Dinge zu ignorieren, an denen wir dicht dran sind? Wir zeigen Praxisbeispiele auf. Ein guter Ansatz ist das Klimahaus in Bremerhaven. In dem Museum können Besucher auf 11.500 Quadratmetern die Zusammenhänge von Klima, Klimawandel und Wetter erforschen und erfahren, was jeder zum Klimaschutz beitragen kann.

Carel Mohn ist Projektleiter von Klimafakten.de. Der Politologe und Journalist arbeitete zuvor als Sprecher für den Bundesverband der Verbraucherzentralen und im Internationalen Sekretariat von Transparency International. Das Internetportal Klimafakten.de wurde von der European Climate Foundation und der Stiftung Mercator als Non-Profit-Organisation gegründet.

Das Interview führte Karin Jäger.