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Ägypten vor unruhigem Wochenende

28. Juni 2013

Am 30. Juni wird Mohammed Mursi, Ägyptens erster demokratisch gewählter Präsident, ein Jahr im Amt sein. Eigentlich sollte es ein Feiertag werden, doch die Zeichen stehen auf Sturm.

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Proteste gegen Mursi am vergangenen Mittwoch (Foto: reuters)
Bild: Reuters

Das Land am Nil ist gespalten: in Mursis Anhänger und seine Gegner. Nach dem Freitagsgebet wollen die Anhänger des Präsidenten auf die Straße, um ihm ihre Unterstützung zu versichern. Für das Wochenende plant die Opposition Massenkundgebungen. Ihr erklärtes Ziel ist es, Mursis Rücktritt und vorgezogene Präsidentschaftswahlen zu erzwingen. Auch wenn der islamistische Präsident anbieten sollte, bei Reformen zu kooperieren, wolle sie von diesem Plan nicht ablassen, hieß es von Seiten der Opposition. Die Revolution müsse wieder auf den richtigen Weg gebracht werden. Befürchtet werden neue Ausschreitungen.

Die Ablehnung der Opposition, in einen Dialog mit Präsident Mursi über Reformen zu treten, bekräftigte auch der Friedensnobelpreisträger und Chef der oppositionellen Nationalen Heilsfront, Mohamed ElBaradei. Nach Mursis Rede an die Nation erneuerte ElBaradei die Forderung der Opposition nach einer vorgezogenen Präsidentenwahl. Mursis Rede sei "das Gegenteil eines klaren Eingeständnisses" gewesen, dass "die schwierige Lage" Ägyptens auf dessen unzureichende Amtsführung zurückzuführen sei.

Mursi hatte am Donnerstag Reformen und einen "nationalen Dialog" versprochen. Er warnte zugleich vor "Lähmung" und "Chaos" angesichts der "Polarisierung" im Land und räumte ein, "viele Fehler" gemacht zu haben. Es komme jedoch darauf an, diese Fehler zu korrigieren, sagte Mursi.

Öffentliches Misstrauensvotum

Mursis Kritiker werfen dem Präsidenten insbesondere vor, die Islamisierung der ägyptischen Gesellschaft voranzutreiben. Die Organisatoren einer Kampagne namens Tamarod (arabisch für Rebellion) sammelten nach eigenen Angaben bereits mehr als 15 Millionen Unterschriften für eine vorgezogene Präsidentenwahl - mehr als die 13,2 Millionen Ägypter, die bei der Wahl für den Muslimburder stimmten. Die Unterzeichner fordern Mursis sofortigen Rücktritt.

In der aufgeheizten Stimmung wurde in der Nacht zum Freitag bei einem Angriff auf ein lokales Parteibüro der Muslimbrüder ein Mann erschossen. Vier Personen hätten bei dem Vorfall in der Stadt Zagazig im Nildelta nördlich von Kairo Verletzungen erlitten, teilten die Muslimbrüder mit. Seit Tagen kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern des Präsidenten.

Mit 51,7 Prozent der Stimmen hatte Mursi vor einem Jahr nur knapp die Wahl gewonnen gegen Ahmed Schafik, einen Politiker aus dem Kreis um den gestürzten Langzeitmachthaber Husni Mubarak. Seitdem haben Mursi und die Muslimbrüder versucht, ihre Politik durchzuboxen und ihre Anhänger in Schlüsselpositionen zu installieren und es damit geschafft, Ägypten immer tiefer zu spalten. Aber auch die politische Opposition, die der Muslimbruderschaft grundsätzlich ablehnend gegenübersteht, hat ihren Teil zur Polarisierung Ägyptens beigetragen.

qu/rb (dpa, afp)