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Über die Gnade zu finden, was man nicht gesucht hat: Der Schatz im Acker (Mt 13,44)

7. April 2012

Von Rita Müller-Fieberg, Bergisch Gladbach

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Dr. Rita Müller Fieberg ist Dozentin für katholische Theologie am Institut für Lehrerfortbildung in Mülheim an der Ruhr
Dr. Rita Müller-Fieberg, Bergisch-GladbachBild: privat

Morgen feiern wir Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu Christi. Rund um den Erdball wird in den Kirchen das Exsultet angestimmt und die Osterkerze entzündet. Rund um den Erdball begleiten auch volkstümliche Bräuche dieses Fest. Seit dem 19. Jahrhundert tief verankert im Brauchtum und nicht nur bei Kindern beliebt ist in vielen Ländern das Suchen gefärbter Eier am Ostermorgen. Mit seiner harten, toten Schale, der man das lebendige, die Schale aufsprengende Küken im Inneren nicht ansieht, gilt das Ei bis heute als Symbol des Lebens und der Auferstehung. So macht es jedes Jahr aufs Neue Freude, die Eier möglichst trickreich zu verstecken, auf dass sich die Suche am nächsten Tag spannungsvoll gestalten möge. Mehrfach allerdings ist es uns auch schon so ergangen, dass wir die raffiniertesten Verstecke selbst über Nacht vergessen hatten. Erst Tage später entdeckte einer von uns dann in einer Suppentasse, hinter einer Topfpflanze, im Backofen oder wo auch immer ein übriggebliebenes Osterei - meistens zum Glück noch im essbaren Zustand.

Um das Auffinden von etwas Verstecktem geht es auch in einem berühmten Gleichnis Jesu: dem Gleichnis vom Schatz im Acker. Unverhofft stößt ein Mensch auf einen Schatz in einem Acker. In seiner Freude gräbt der Entdecker den Schatz zunächst wieder ein und verkauft seinen gesamten Besitz, um davon dann den Acker zu erwerben. Auf diese Weise sichert er den Schatz für sich. Es bleibt im Dunkeln, wer diesen Schatz versteckt hat. Ungewöhnlich war es jedenfalls in der Antike nicht, dass jemand sein kostbares Eigentum durch Vergraben zu sichern versuchte. Safes und Banken gab es noch nicht, und irgendwo musste man seine Besitztümer vor allem in Reise-, Not- oder Krisenzeiten ja unterbringen.

Die gesamte Aufmerksamkeit des Erzählers zieht der glückliche Finder auf sich. Überwältigt von seiner Freude, kann er einfach nicht in Passivität verharren und sich ebenso wenig auf Kompromisse oder Verhandlungen einlassen. Es drängt ihn zum Handeln, und er setzt alles auf eine Karte. Wie so oft wird das erzählte Geschehen auch hier mit dem „Himmelreich“ verglichen. Während der wenigen Jahre seines öffentlichen Auftretens sprach Jesus von Nazaret immer wieder ganz zentral davon, dass dieses „Reich Gottes“ schon nahegekommen sei. Seine Predigt stellte die Zuhörer radikal vor die Anforderung, das eigene Leben unverzüglich und ohne Wenn und Aber nach dieser neuen Wirklichkeit auszurichten. Das bedeutete Verzicht und Konzentration auf das Wesentliche – aber war, wenn man das Gleichnis so verstehen darf, gleichzeitig auch mit einer Riesenfreude verbunden.

Im Unterschied zum morgigen Ostereiersuchen fällt mir bei der Lektüre dieses Gleichnisses besonders auf: Hier wird gar nicht gesucht! Kein Wort davon, dass der Mensch etwa mühevoll einen Acker nach dem anderen umgegraben hätte oder mit einer Schatzkarte unterwegs gewesen wäre. Der Schatz ist ihm schlichtweg zugefallen! Auch das „Himmelreich“ lässt sich also nicht herbeizwingen, es ist und bleibt ein Geschenk Gottes.

Jesu Botschaft vom Gottesreich überlebte das Ende seines irdischen Lebens. Selbst beim Abschiedsmahl mit seinen Jüngern war er zutiefst davon überzeugt, dass es ein Wiedersehen, ein Festmahl im Gottesreich geben werde. Was er zu Lebzeiten verkündete, findet in seiner Auferweckung eine konsequente Fortsetzung.

Die Ostererfahrung muss für die Jüngerinnen und Jünger ähnlich unfassbar und unerwartet gewesen sein wie der Schatz im Acker für seinen Finder. Ähnlich überwältigend muss auch ihre Freude gewesen sein – so groß, dass sie alle Bedenken, alle Furcht über Bord warfen, sich wieder in Jerusalem zusammenfanden und von dort aus eine Mission bis an die Grenzen der Erde starteten.

„Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“ So schreibt es Paulus im ersten Brief an die Korinther. Wir feiern morgen den größten Schatz christlichen Glaubens. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Osterfest.

Die redaktionelle Verantwortung für die Sendung hat Silvia Becker