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Erneuerbare Energien

15. Juli 2010

100 Millionen Euro deutsche Entwicklungshilfe bekommt Ägypten jedes Jahr. Das Geld solle vor allem in erneuerbare Energien fließen, hat Minister Dirk Niebel bestimmt. Bereits heute gilt das Land dabei als Vorreiter.

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Windpark bei Hurgada (Foto: Archiv, ap)
Nirgendwo weht der Wind so beständig wie am Roten MeerBild: AP

Mit versiegenden Erdöl- und Erdgasreserven in der Region setzt Ägypten, das bevölkerungsreichste Land der arabischen Welt, auf erneuerbare Energien als Lösung für einen drohenden Energiemangel. Bislang verlässt sich das Land am Nil noch überwiegend auf fossile Brennstoffe. Der Strombedarf steigt jedoch jährlich um rund acht Prozent und Prognosen sehen ein Versiegen der Ölquellen bis spätestens zum Jahr 2040 voraus.

Darum sollen bis zum Jahr 2020 20 Prozent des gesamten Strombedarfs durch erneuerbare Energien erzeugt werden, so ein Plan der Regierung. Den Hauptanteil haben Wasser- und Windkraft, denn nirgendwo weht der Wind so beständig wie am Roten Meer: Ein so genannter "Windatlas", der 2005 für Ägypten herausgegeben wurde, weist darauf hin, dass die Ebenen zwischen Suez und Hurghada an der Küste des Roten Meeres über genügend Wind verfügen, um 20.000 Megawatt Strom zu erzeugen. Ägyptische und dänische Forscher haben dort durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von mehr als neun Metern pro Sekunde gemessen. Dies entspricht den besten Bedingungen in der Nordsee. In der Region hat die Regierung daher über 8.000 Quadratkilometer - ein Gebiet von der Größe Puerto Ricos - für die Errichtung so genannter "Windparks" vorgesehen. Andere mögliche Orte für die Entwicklung von Windenergie sind das Niltal und die westliche Wüste, wo der Wind mit Geschwindigkeiten von durchschnittlich 6 bis 7 Meter pro Sekunde weht.




Vorreiter in der Region

Blick auf den Assuan-Staudamm, Assuan, Ägypten (Foto: Archiv/dpa)
Die ehemals herausragende Bedeutung des Assuan-Staudamms für die Stromversorgung Ägyptens hat in den vergangenen Jahren stark abgenommen. Mit deutscher Technologie soll er jetzt wieder mehr Leistung bringen.Bild: picture alliance/Huber

"Ägypten ist in der Region Vorreiter im Bereich erneuerbarer Energien", sagt Felix Neugart, Referatsleiter für den Bereich Nordafrika beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Ägyptens Pläne, binnen zehn Jahren ein Fünftel seines Strombedarfs durch erneuerbare Energien zu decken, hält er für ambitioniert aber möglich, denn bereits jetzt beziehe das Land zehn Prozent seiner Energie aus der Wasserkraft: "Es handelt sich mit rund 80 Millionen Menschen und einem hohen Bevölkerungswachstum um den größten Markt Nordafrikas. Das ist auch interessant für deutsche Investitionen", sagt er. Eine Studie der Deutsch-Arabischen Industrie- und Handelskammer schätzt das Marktvolumen für erneuerbare Energien in Ägypten für die Jahre 2006 bis 2010 auf bis zu 2,7 Milliarden US-Dollar.

Darum will sich auch die deutsche Bundesregierung an den ägyptischen Plänen beteiligen, Entwicklungshilfe-Projekte sollen sich dort künftig auf die Bereiche erneuerbare Energien konzentrieren. Das hat Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) während seiner Reise nach Ägypten (12. bis 16. Juli 2010) angekündigt. Ägypten ist mit rund 100 Millionen Euro pro Jahr das arabische Land, das am meisten von deutscher Hilfe profitiert. "Ich glaube, wenn wir mit unserem Know-how und mit unseren Technologien Wertschöpfungsketten in Ägypten etablieren können, dass wir dann nicht nur die Energiesicherheit erhöhen und die Umwelt schützen. Wir fördern auf diesem Weg auch Beschäftigungsmöglichkeiten und ein eigenes Einkommen und tragen so zur Armutsbekämpfung bei", sagte Niebel in einem Interview der Deutschen Welle. Es handele sich um eine eindeutige "win-win-Situation".

Deutsche Gelder für Staudamm

So wird Deutschland mit einem Darlehen über 91,67 Millionen Euro den Bau des neuen Assiut-Staudamms rund 400 Kilometer südlich von Kairo mit dazugehörigem Wasserkraftwerk fördern. Mit dem Projekt soll ein Gebiet von 672.000 Hektar bewässert und Strom im Umfang von 250 Gigawattstunden erzeugt werden, heißt es auf der Seite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Außerdem ermögliche dies Ägypten Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Emmissionsreduktionszertifikaten.

Zugleich fordert Niebel aber auch eine Entwicklung Ägyptens im politischen und rechtstaatlichen Bereich. Bei einem Treffen mit Ministerpräsident Ahmed Nazif am Mittwoch (14.07.2010) habe er auch die Menschenrechtssituation angesprochen und deutlich gemacht, dass "Menschenrechte und die Globalisierung von Werten ein großes Ziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind." Er wolle Fortschritte in den Bereichen Demokratie und Menschenrechte aber nicht zur Bedingung für die Entwicklungszusammenarbeit machen, "weil wir Partner und keine Erpresser sind". Man müsse stets die Gesamtheit eines Partnerlandes betrachten, so Niebel und verweist auf das Beispiel Uganda: Dort sei ein Gesetz, das Homosexualität mit der Todesstrafe ahnden sollte, aufgrund des Dialogs mit der Regierung zurückgenommen worden. Von einer Kürzung der Gelder, falls sich Äygpten politisch nicht bewegen sollte, hält Niebel nichts: "Es gibt kein starres Schema", sagte er, "und manchmal kann es kontraproduktiv sein, auszusteigen, weil man sich dann aller Einflussmöglichkeiten beraubt. Partnerschaftliche Zusammenarbeit und ein Rechtsstaatsdialog gemeinsam führen am ehesten zum Ziel."

Autorin: Ina Rottscheidt
Redaktion: Klaudia Pape

Niebel und Ägytens Minister für internationale Kooperation, Faiza Abu Naga (2.v.l., Foto: ap)
Unterschreiben Abkommen: Niebel und Ägytens Minister für internationale Kooperation, Faiza Abu NagaBild: picture alliance/dpa