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Das Monster Korruption

4. November 2010

In Nigeria ist eine Debatte um Korruption entbrannt - ausgelöst durch eine Liste der Kommission gegen Wirtschafts- und Finanzkriminalität. Rund fünf Monate vor der Wahl stehen darauf auch viele Politiker.

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Schlagzeile über die Liste der EFCC in einer nigerianischen Zeitung (Foto: Gänsler)
Für Schlagzeilen gesorgt: Die Liste der EFCCBild: DW/Katrin Gänsler

Nigeria und Korruption – diese beiden Wörter werden häufig in einem Atemzug genannt. Überall auf der Welt scheint das einwohnerstärkste Land Afrikas mit Betrug und Bestechung in Verbindung gebracht zu werden. Darüber ärgert sich Femi Babafemi, Sprecher der Kommission gegen Wirtschafts- und Finanzkriminalität, mächtig: "Jeder bezeichnet Nigeria als korrupt. Aber Korruption ist global und beeinflusst jede Nation."

Eine Kommission gegen Korruption

Außerdem würde in seinem Land viel dagegen getan. Ein erster Schritt dazu sei im Jahr 2003 die Gründung der Economic und Financial Crime Commission – kurz EFCC – gewesen. Hauptaufgabe war es damals zunächst, aktiv gegen Internetkriminalität und unzählige betrügerische E-Mails vorzugehen. "Wir haben viel geschafft und versuchen weiterhin, die Internetkriminalität in den Griff zu bekommen", betont Babafemi. Das bewerten sogar Nicht-Regierungsorganisationen ganz ähnlich. Eine davon ist die Koalition gegen korrupte Führungskräfte. Trotzdem findet deren Vorsitzender, Debo Adeniran, dass der EFCC von politischer Seite viel zu viele Steine in den Weg gelegt werden. "Jene Behörden, die EFCC überwachen, schützen korrupte Verantwortliche vor der Kommission." Bestes Beispiel sei ausgerechnet das Justizministerium. "Es lässt der Kommission nicht alle Handlungsmöglichkeiten, die zur Überwachung von Korruption nötig wären."

Plakat gegen Korruption (Foto: Gänsler)
Sie hängen überall: Plakate gegen KorruptionBild: DW/Katrin Gänsler

Dennoch hat sich die EFCC eindrucksvoll zu Wort gemeldet – und zwar mit ihrer Korruptionsliste. Gleich mehrere Tageszeitungen haben das Dokument in der vergangenen Woche abgedruckt. Auf der seien die 100 schwersten Fälle von Betrug, Geldwäsche und Korruption zusammen gestellt, erklärt Femi Babafemi. "Die Liste gibt einen Überblick über jene Fälle, die wir gerichtlich verfolgen. Sie zeigt die Arbeit unserer Kommission."

Viele Politiker-Namen auf der Liste

Plakatwand mit Bildern von Politikern (Foto: Gänsler)
Wahlkampf in NigeriaBild: DW/Katrin Gänsler

Ganz besonders wichtig ist für ihn, dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Der Zeitpunkt dafür ist optimal. Denn in rund fünf Monaten wird in Nigeria gewählt, und auf der Liste tauchen die Namen vieler hochrangiger Politiker auf. Unter ihnen sind ehemalige Minister, aber auch Gouverneure und Parlamentsmitglieder Nigerias. Viele von ihnen wollen bei den Wahlen wiedergewählt werden.

Von Seiten der Regierungspartei PDP, der Demokratischen Volkspartei, heißt es dazu bislang, dass die Sache geprüft werde und man nicht selbst Richter spielen wolle. Eine magere Aussage, finden viele Nigerianer. Denn große und kleine Bestechungen spielen ausgerechnet während der Wahlen oft eine entscheidende Rolle, sagt Lai Olurode. Er ist Professor und Kommissar der unabhängigen nationalen Wahlkommission. Gerade an Wahltagen hat er folgendes Szenario immer wieder beobachtet. "Dann werden Nahrungsmittel oder auch Geld verteilt." Mitunter sind es nur 50 Cent. Doch die reichen, um Wähler umzustimmen.

Bestechungen sind tief in der Gesellschaft verankert

Genau damit wird eins deutlich: Korruption ist trotz der EFCC tief verankert in der Gesellschaft und ist im großen wie im kleinen Stil ein riesiges Problem. Das findet auch Debo Adeniran von der Koalition gegen korrupte Führungskräfte. "Korruption ist ein Monster. Das Ausmaß kann gar nicht genau beziffert werden, weil die Korruption ein Teil unserer gesamten Nation ist."

Autorin: Katrin Gänsler

Redaktion: Klaudia Pape